Hallo zusammen
Ich habe mich die letzten Tage durch einige Foren gelesen und habe mich nun dazu entschlossen mich hier zu registrieren und etwas zu schreiben weil ich mich hier gleich ziemlich wohl und gut aufgehoben gefühlt habe. Ihr seid wirklich ein netter Haufen hier
Ich bin am Sonntag 30 geworden und kiffte bis zu diesem Tag rund 9 Jahre täglich. Meinen ersten Joint habe ich schon so mit 14 geraucht und die Jahre danach nur ganz selten mal gekifft (alle paar Monate). So ungefähr mit 18/19 wurde es immer mehr (ca wöchentlich 2-3 Joints), habe damals aber alles noch ziemlich gut auf die Reihe bekommen, mein Abi wunderbar bestanden & eine tolle Zivildienststelle gefunden. Als ich 20 war bin ich von meinen Eltern in eine andere Stadt gezogen, habe dort einen tollen Job gefunden bei dem ich viel Spaß hatte und gut Geld verdient habe. Eigentlich hatte ich vor zu studieren aber der Studiengang für den ich mich entschieden hatte sagte mir nicht zu also arbeitete ich lieber. Fühlte mich in der Stadt leider gar nicht wohl und bin dann mit 21 nach Berlin gezogen wo ich schon immer gerne wohnen wollte. Dann fingen meine Probleme mit dem Kiffen so richtig an. Ich verliebte mich sehr in jemanden, der schon seit Jahren täglich kiffte und ich habe gerne mitgemacht. Gras zu kaufen wurde mir schnell zu blöd weil ich die Leute, zu denen wir damals gegangen sind um was zu kaufen extrem unangenehm fand und ausserdem ging es ziemlich ins Geld.
[ta=Dirty]Teil entfernt[/ta]
Da wurde es dann richtig schlimm. Die Beziehung hielt nicht mehr lange weil mein Freund immer öfter alleine zuhause Kiffen wollte, mich nicht mehr so häufig sehen mochte, immer unzuverlässiger wurde, ich ihn teilweise tagelang nicht mehr ans Telefon bekam und er mich auch nicht zurückrief, die Unzufriedenheit mit seinem Leben an mir auslies, mich für alles mögliche, was bei ihm schief lief verantwortlich machte usw.
In meiner nächsten Beziehung war ich dann schon derjenige, der sich lieber abends alleine in sein Zimmer einschloss und einen Joint nach dem anderen rauchte (10 an einem Abend waren keine Seltenheit) als mich um meinen Freund zu kümmern. Ich schaffte es nicht, meine sozialen Kontakte zu pflegen, hatte mich zwar für ein neues Studium eingeschrieben, ging aber nie hin, dann das nächste Studium auch versemmelt, ebenso das vierte
Vor drei Jahren habe ich dann einen ganz wunderbaren Menschen kennen gelernt, der zwar auch kifft, durch den sich aber vieles bei mir verändert hat. Hatte es jahrelang geschafft mein Umfeld dermassen zu täuschen, dass niemand auch nur im Traum damit gerechnet hätte, dass ich irgendwelche Probleme haben könnte. Ich wohnte z.B. mit meinem zweiten Freund in Berlin zusammen und er hat drei Jahre lang nicht bemerkt, dass ich so gut wie nie zur Uni ging und Abends locker 10 Tüten wegrauchte.
Wenn ich zwischendurch mal wieder eine Phase hatte in der ich weniger kiffte und beschloss mein Leben zu ändern und wieder mehr unter Menschen ging wurde ich stets von allen bewundert wie unglaublich kommuniktiv, lustig, reif, vernünftig, reflektiert, zielstrebig, kompetent usw. ich doch sei
Niemand sollte merken, wie sehr ich teilweise am Ende war und das funktionierte toll zumal ich monatlich einen ganzen Batzen Geld von meinen Eltern überwiesen bekomme.
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Vor drei Jahren änderte sich dann wie gesagt einiges. Ich lernte jemanden kennen, der bei mir einschlug wie eine Bombe und ich bei ihm auch. Ich hatte Angst, ihn hinter meine Fassade schauen zu lassen und hielt ihn auf Distanz obwohl ich am liebsten mit ihm verschmolzen wäre. Ausserdem habe ich ihn trotz der großen Gefühle als einen extrem schwierigen Menschen kennen gelernt, bei dem ich gar nicht wusste wie es denn bei aller Liebe möglich sein sollte harmonisch zueinander zu finden. Wir haben uns teilweise (Bildlich gesprochen) die Köpfe eingeschlagen, uns heftige Streitereien geliefert, haben uns bestimmt ein Dutzend mal geschworen nie wieder was miteinander zu tun haben zu wollen und sind immer wieder beieinander gelandet und nach sehr viel Arbeit haben wir es tatsächlich geschafft ein richtiges Paar zu werden indem wir Schritt für Schritt aufeinander zugegangen sind.
Haben die ganze Zeit weiter gekifft, unter der Woche jeder für sich und am Wochenende zusammen. Ich habe mich vor einem Jahr für mein 5. Studium eingeschrieben und es tatsächlich geschafft hinzugehen und Scheine zu machen. Habe ein paar Freunde an der Uni gefunden und insgesamt ging es wirklich mal bergauf.
Die Kifferei fing an mich immer mehr zu stören. Ich habe seit drei Jahren jeden Abend bei jedem Joint, den ich mir alleine angezündet habe gedacht "morgen hörst du auf!". Wirklich schön bekifft war ich schon lange nicht mehr weil ich kaum noch positive Wirkung von Gras habe. Es machte mich einfach nur noch passiv, träge und teilweise auch sehr ängstlich und besorgt. Ich habe nach dem Kiffen immer sehr viel gegrübelt, lange wach gelegen (teilweise konnte ich erst gegen 3 Uhr einschlafen mit den vorstellbaren Folgen für den nächsten Tag).
Sehr genossen habe ich es hingegen immer wenn ich mit meinem Freund am Wochenende zusammen gekifft habe. Da sind wir beide irgendwie immer noch ein bißchen kuscheliger und auch geiler drauf gekommen. Haben viel gekuschelt, uns über irgendwelchen Mist im Fernsehen amüsiert und richtig tollen Sex gehabt.
Wie gesagt wurden die negativen Aspekte aber immer wichtiger.
Morgens aufstehen bereitete mir sehr viel Anstrengung, ich habe mich extra bemüht meinen Studenplan so zu machen, dass ich möglichst nie um 8 in der Uni sein muss. Soziale Kontakte zu pflegen fiel mir noch immer sehr schwer weil ich abends eben lieber zuhause einen rauchen wollte anstatt mit Freunden was zu unternehmen. Mit der Uni komm ich ganz gut klar aber es kostete mich sehr viel Energie mich aufzuraffen und oft habe ich dann doch abends einen geraucht obwohl ich eigentlich was für die Uni hätte machen sollen was ich dann später unter großem Zeitdruck nachholen musste. Wohnung aufräumen, putzen, einkaufen etc. habe ich auch oft vernachlässigt und erst gemacht, wenn es wirklich nicht mehr aufzuschieben war und das ist dann ziemlich ätzend, wenn man einen ganzen Tag braucht um es wieder halbweg wohnlich zu machen. Probleme und Aufgaben wurden von mir so lange verdrängt und aufgeschoben, bis es einfach nicht mehr anders ging usw.
Am Samstag habe ich es dann tatsächlich geschafft meinen letzten Joint zu rauchen. Ich vermute, dass ich wohl nie wieder Kiffen kann ohne schnell wieder in mein altes Muster zurück zu fallen, aber das möchte ich im Moment noch nicht so richtig wahr haben. Mein Freund hat mich sehr überrascht und auch mit aufgehört was mich unglaublich stolz und glücklich macht weil ich etwas Bedenken hatte, dass es für große Probleme zwischen uns sorgen könnte wenn er weiter kifft und ich nicht. Mein ganzes Gras haben wir bei mir in den Keller gepackt und er hat den Schlüssel bekommen weil wir beide irgendwie noch hoffen, dass wir vielleicht doch eines Tages wieder mal etwas rauchen "dürfen". Wir wollen auf jeden Fall nie wieder unter der Woche jeder alleine für sich zuhause sitzen und Joints rauchen aber hoffen, dass es vielleicht möglich ist irgendwann mal am Wochenende zusammen eine Bong zu rauchen. Bong deshalb, weil wir nie Bongraucher waren und wenn wir nun irgendwann wieder mit Joints mit Tabak&Gras anfangen würden wäre das sicher eine absolute Garantie dafür, dass wir wieder ganz schnell im alten Muster wären. Aber wie gesagt...das ist nur "Hoffnung" und ich vermute, dass die Realität eher so aussieht, dass wir nie wieder Gras konsumieren dürfen, egal in welcher Form.
Für mich ist klar, dass ich (wenn überhaupt) erst wieder etwas Kiffen werde, wenn ich noch ein paar Sachen in meinem Leben geändert habe. Ich möchte einen Nebenjob, damit ich das Geld meiner Eltern nicht mehr brauche, ich möchte einen stabilen Freundeskreis mit dem ich regelmäßig etwas unternehme, ich möchte zeitig einschlafen und nächstes Semester möglichst jeden Tag um 8 zur Uni gehen, ich möchte meinen Eltern erzählen, was die letzten Jahre mit mir los war, ich möchte berufliche Ziele entwickeln, meine Wohnung renovieren & regelmäßig und rechtzeitig aufräumen & putzen, wieder ein paar mehr Hobbys nachgehen, mehr Sport machen, mich wieder gesünder ernähren, auch noch mit den Zigaretten aufhören, niemandem mehr etwas vorspielen sondern über meine Probleme reden und mir helfen lassen, mich in der Uni nicht mit "gerade so bestanden" zufrieden geben sondern etwas mehr Ehrgeiz entwickeln, mal wieder ein gutes Buch lesen anstatt mich vom Fernseher unterhalten zu lassen, zweimal im Jahr zum Zahnarzt gehen anstatt alle 5 Jahre mal, meine Hemden bügeln bevor ich sie anziehe, Aufgaben rechtzeitig erledigen und nicht alles auf den letzten Drücker machen und meine Omas regelmäßig anrufen & Briefe schreiben.
Heute ist nun also mein vierter Tag ohne Gras und ich muss sagen, dass es besser geht als erwartet. Mein Freund und ich haben beschlossen die erste Zeit jeden Abend und jede Nacht zusammen zu verbringen (sonst haben wir uns nur am Wochenende gesehen) um etwas Ablenkung zu haben. Die erste Nacht haben wir so gut wie gar nicht geschlafen und waren am Montag sehr müde, sind aber total gut um 7 Uhr aus dem Bett gekommen . Montag haben wir schon etwas besser geschlafen und letzte Nacht ging es fast schon richtig gut. Wir haben nachts zum Glück nicht so geschwitzt wie viele andere berichten, die mit dem Kiffen aufhören. Wie toll wir morgens aus dem Bett kommen ist einfach unglaublich. Mit dem Aufstehen hatten wir beide sonst immer sehr große Probleme.
Fühlen uns beide aber körperlich etwas angeschlagen. Uns wird teilweise sehr kalt, bekommen Schüttelfrost, dann plötzlich einen kleinen Schweißausbruch, fühlen uns manchmal fiebrig und haben etwas Gleiderschmerzen. Ist aber gut auszuhalten. Emotional geht es mir total wechselhaft. Manchmal spüre ich ganz plötzlich eine unglaubliche Fröhlichkeit in mir aufsteigen, die mich singen und tanzen lässt und ein paar Sekunden später werde ich plötzlich sehr aggressiv oder total traurig, so dass ich anfange zu weinen und gar nicht mehr aufhören kann, dann wieder fröhlich usw. Habe manchmal (zum Glück bisher eher selten) große Lust einen Joint zu rauchen und kurze Zeit später denke ich, dass ich nie wieder Kiffen will. Das fühlt sich alles ziemlich ungewohnt an und überfordert mich manchmal aber es ist ok. Gestern haben wir zum ersten mal versucht ohne Kiffen Sex zu haben und es war richtig schlecht. Das hat uns beide ziemlich fertig gemacht weil wir seit drei Jahren scharf aufeinander sind, den besten Sex unseres Lebens haben und es sogar noch von mal zu mal besser wurde. Aber das wird sich hoffentlich wieder einspielen
Versuchen insgesamt uns viel abzulenken. Er muss jeden Tag arbeiten, ich muss Hausarbeiten für die Uni schreiben, am Wochenende werden wir meine Wohnung renovieren und das übernächste Wochenende fahren wir zu seinen und zu meinen Eltern. Haben also schonmal dafür gesorgt die nächsten zwei Wochenenden gar nicht erst in Versuchung zu kommen und hoffen, dass wir das so durchhalten, wenn die Anfangeuphorie verflogen ist.
So, das wars erstmal
Viele Grüße
RoterKater