Mein Weg in die Depression..

  • Hallo, ich leide seit ca. einem Jahr an schweren Depressionen. Ich kann mich noch erinnern, dass es mal Zeiten gab, an denen ich glücklich war...ich fange einfach mal vorne an.

    Mit 16 fing ich an zu rauchen und Alkohol zu trinken. Wenig später entdeckte ich das Kiffen für mich. Aus "nur mal am Wochenende" wurde recht schnell ein Zwang, jeden Tag zu konsumieren. Alles drehte sich nur noch ums Kiffen. Der Tag bestand nur noch daraus, den Tag zu überstehen. Ich brauchte Hasch, um am Abend einschlafen zu können. Irgendwann rauchte ich dann meine 3-4g am Tag. Die Sucht war mittlerweile so weit fortgeschritten, dass ich morgens direkt nach dem Aufstehen vor der Schule meine erste Pfeife rauchte und abends vor dem Schlafengehen die letzte. Ich bekam Entzugserscheinungen in Form von kaltem Schweiß, Gänsehaut, Übelkeit, Kopfschmerzen usw, wenn ich mal nichts hatte. Ein unbeschreiblich widerliches Gefühl. Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich nur daran denke. Sicherlich bemerkte ich zu dieser Zeit auch, dass irgendwas in meinem Leben schief laufen musste, doch anstatt meine Probleme anzugehen, rauchte ich sie einfach weg. Insgesamt habe ich vier Jahre gekifft und ich musste kaum einen Tag ohne auskommen. Irgendwann fing ich an, mich für härtere Drogen zu interessieren, meinen nächsten Erfahrungen machte ich mit psychoaktiven Pilzen. Ich lernte immer wieder neue Leute kennen, die auf einmal die besten Freunde waren. Alte Freunde waren schnell vergessen und solange ich high war, interessierten einen die Menschen auch herzlich wenig. Diese neuen „Freunde“ kannten wiederum andere und jeder kannte irgend eine andere Art und Weise, sich abzuschießen. So gab es also schließlich Extasy, Speed, Crystal, selten Koks, Pilze, Poppers, und viele andere Sachen, die das Leben scheinbar leichter machten. Die Woche begann freitags und hörte irgendwann montags auf. Montags war ich schon generell nicht mehr in der Schule und auch die anderen Tage waren im Prinzip nur ein Absitzen der Zeit, denn man musste sich ja schließlich 3 Tage vom Wochenende erholen. Ein Wunder, dass ich dort überhaupt noch auftauchte.
    Gegessen hab ich in der Regel die drei Tage am Wochenende gar nichts. Der Körper erzeugte einfach kein Hungergefühl. Dieses Leben dauerte ein gutes Jahr an. Irgendwann machte ich mir Gedanken über meine Zukunft. Ich beschloss, den ganzen Drogenmist aufzugeben. Ich habe oft über mein Leben nachgedacht, etliche Versuche gestartet, aber die Drogen waren immer stärker. Irgendwann habe ich es geschafft, von den harten Sachen loszukommen, dann das Kiffen und schließlich sogar das Zigaretten rauchen zu beenden. Ich litt wochenlang Höllenqualen, die ich meinen schlimmsten Feinden nicht wünsche! Als ein wenig Zeit vergangen war und ich realisierte, was ich geschafft habe fühlte ich mich frei, frei von all diesen schrecklichen Lastern dieser Welt. Ich fing an, wieder Sport zu treiben, probierte mal dies, mal das und kam doch einigermaßen „gut“ klar. Doch irgendwie war das Leben anders geworden. Ich hatte das Gefühl, nicht mehr der selbe Mensch zu sein. Es vergingen vier Jahre, die ich irgendwie Drogenfrei überstand. Bier am Wochenende war die Ausnahme.

    Letztes Jahr im Sommer habe ich eine Ausbildung angefangen, die überhaupt nicht zu mir passte. Ich war jeden morgen tot unglücklich, wenn ich an die Arbeit musste. Abbrechen kam vorerst nicht in Frage, zu sehr hatte ich Angst, in der heutigen Arbeitsmarktsituation nicht mehr auf eigene Beine zu kommen.

    Soweit die Vorgeschichte, jetzt zu meinem eigentlichen Problem:

    Eines Tages, während der EM letzten Jahres kam der Tag, an dem sich mein Leben vollkommen verändern sollte: Mir wurde mir aus heiterem Himmel schwindelig. Es gab eigentlich keinen wirklichen Grund. Ich fühlte mich generell ein wenig unwohl. Ich saß mit ein paar Freunden und Familie in einer Gaststätte und habe ein Alster getrunken, mehr nicht. Auf einmal drehte sich alles, ich bekam furchtbare Panik. Ich musste raus, einfach raus aus der Menschenmasse und wollte nur noch alleine sein. Ich setzte mich also etwas abseits auf eine Bank und dachte, ich ruh mich ein wenig aus und dann geht das schon wieder...

    ...seit diesem Tag leide ich unter Depressionen undWahrnehmungsstörungen. Die ersten Tage hatte ich das Gefühl, es würde eine Art Film ablaufen, den ich aus der Ich Perspektive sehe, aber nicht steuern, bzw. nicht aktiv teilnehmen kann. Ich hatte mich selbst nicht mehr unter Kontrolle. Ich konnte nicht mehr arbeiten, mich mit Freunden treffen, einfach gar nichts mehr. Ich fühlte mich nur noch „wohl“, wenn ich auf dem Sofa unter einer Decke lag und fern gesehen hab. Das klingt jetzt vielleicht merkwürdig, aber mein Blick konnte sich am Fernsehbildschirm festhalten. Sobald ich aufstehen musste um wieder am „normalen Leben“ teilzunehmen, blockierte mein Körper vollkommen und ich hatte wieder Wahrnehmungsstörungen und wurde zutiefst Depressiv. Ich dachte, irgendwann wird dieser Zustand sicher wieder von selbst verschwinden, doch das war nicht der Fall. Ich war am Ende mit den Nerven und vertraute mich einem Psychotherapeuten an. Seit dem befinde ich mich in psychotherapeutischer Behandlung. Mein Therapeut ist zum Glück echt super, ich kann mit ihm über wirklich alles reden und habe auch keine Hemmungen, irgendetwas zu erzählen. Trotzdem war meine innere Welt so zerstört, dass ich irgendwann sogar an Suizid dachte. Ich bekam Citalopram. Ich glaube die nächsten zwei Wochen waren (abgesehen von meinen Drogenentzügen) die schlimmsten meines Lebens. Ich wusste zwar, dass Antidepressiva erst nach mehreren Wochen positiv wirkt, aber so schlimm hatte ich mir die Erstverschlimmerung nicht vorgestellt. Ich konnte kaum noch schlafen, vielleicht zwei Stunden jeden Tag. Den Rest lag ich in meinem Bett und habe einfach nur Schmerzen gelitten. Meine Situation hat sich von Tag zu Tag verschlimmert und ich habe mich wie ein 3-Jähriger an die Seite meiner Mutter gehangen, die mir unwahrscheinlich halt gab und mich unterstützt hat, wo sie nur konnte. Als keine Besserung eintrat, habe ich auf Mirtazapin (15mg) gewechselt. Hier genau das Gegenteil: ich schlief ungefähr 12-14 Stunden am Tag, war den ganzen Tag müde. Aber es ging mir zumindest besser. Meine Ausbildung habe ich geschmissen und bin wieder Schüler. Dazu muss ich sagen, dass mich meine Ausbildung wirklich fertig gemacht hat. Die Erklärung würde an dieser Stelle wohl zu lange dauern. Kurz: Es war die Hölle.

    Ich habe dann angefangen mein Abi nach zu machen. Mit Hilfe des Medikamentes konnte ich zumindest wieder existieren. Zwischenzeitlich ging es mir schlechter und ich erhöhte auf 30 mg. Die Medikamente helfen mir zwar einerseits, aber andererseits hasse ich sie. Ich bin so wütend und enttäuscht von mir selbst, dass ich wieder Pillen nehmen muss. Ich hatte mir geschworen, nie wieder Drogen anzufassen. Sicherlich kann man Antidepressiva nicht mit Drogen vergleichen, aber ich habe ja verständlicherweise eine unheimliche Abneigung gegen Medikamente. Seit ein paar Monaten nehme ich jetzt Amitriptylin (50mg). Ich möchte unheimlich gerne die Medikamente absetzen, habe aber Angst, wieder in meinen alten Zustand zu verfallen. Ich habe oft Angst, dass ich nie wider ein normales Leben führen werden kann, denn ich komm ja jetzt sogar mit den Medikamenten nicht annähernd so gut klar, wie ich mir das wünsche. Ich schotte mich total von der Außenwelt ab vernachlässige Freundschaften. Wenn ich Anrufe bekomme, gehe ich oft gar nicht mehr ans Telefon. Ich habe zeitweise das Gefühl, die Introvertiertheit in Person zu sein. Schon immer hatte ich unheimlich große Probleme, mich Menschen zu öffnen, irgendwann habe ich vermutlich einfach den Anschluss verloren, ich weiß nicht mehr wann. Auch fällt es mir unheimlich schwer, mich auf eine Beziehung einzulassen, denn wie soll ich bloß erklären, wie ich momentan denke und fühle? Niemand würde mich verstehen. Grundsätzlich habe ich Schwierigkeiten, neue Menschen kennen zu lernen, fühle mich unter Menschen unwohl, verliere die Kontrolle über mich, kann überhaupt nicht mehr artikulieren, bin einfach innerlich tot. Wenn es mir mal nicht so gut geht denke ich immer, dass mir alles und jeder etwas Böses will und ich kann mich davon einfach nicht befreien. Im Endeffekt ziehe ich mich wieder zurück und denke, ich komme alleine besser klar, bis ich wieder einen psychischen Absturz bekomme. Ich glaub das ist eines der größten Probleme überhaupt, dass es keine Menschen gibt, bei denen ich mich geborgen fühle (außgenommen meiner Familie, die ich aber nicht permanent mit meinen Problemen belasten will).

    Außerdem leide ich seit Jahren an Zwangsneurosen, die von Zeit zu Zeit extrem schlimm werden, aber auch wieder fast vollständig verschwinden. Ich habe Angst, dass ich mir durch meine Drogenlaufbahn irgendetwas zerstört habe, etwas irreparables im Hirn, wofür ich mein ganzes Leben zahlen werde. . Meine aktuelle Diagnose ist eine Depression mit Wahrnehmungsstörung bzw. Derealisation, was es meiner Meinung nach ziemlich auf den Punkt bringt. Doch ich hab wie oben erwähnt ja auch noch andere Probleme: Sowohl meine Zwangsneurosen (z.B.: Berührungszwang), also auch diese ständige Angst, krank zu werden, machen mich fertig. Es ist so schlimm, wenn man nichts hat, auf das man sich freuen kann. Ich verstehe meinen Körper einfach nicht mehr. Warum kämpft mein Körper gegen meinen Geist, also gegen mich? Ist es wirklich alles nur psychisch? Gibt es also diesen Hebel, den ich nur finden muss, um meinen Körper auf „normal“ zu programmieren? Oder bin ich körperlich krank, produziere ich vielleicht einfach kein Serotonin mehr aufgrund meiner Drogenlaufbahn und wenn das zutreffen sollte, werde ich es jemals wieder können? Fragen über Fragen, die ich mir permanent stelle. Ich kann den ganzen Tag an nichts anderes denken! Ablenkung fällt so furchtbar schwer, denn ich werde ja andauernd mit meinen Wahrnehmungsstörungen konfrontiert. Ich habe aber keinerlei Halluzinationen oder ähnliches. Es ist vielmehr ein unbeschreibliche Gefühl, als würde ich durch einen Schleier schauen, als könnte mein Hirn diese Reinzüberflutung an Wahrnehmung nicht verarbeiten und dieses Gefühl wiederum macht mich extrem Depressiv.
    Ich muss aber auch erwähnen, dass ich Phasen habe, sehr kurze Phasen wohlgemerkt, in denen es mir gut geht. Phasen, in denen es mir schon wieder zu gut geht. Ich fühl mich dann, als ob ich gerade ne line gezogen hätte oder ein richtig guter Trip anschlägt. ich hab totale highs, werde teilweise sogar überheblich und arrogant, finde mich aber wenig später erneut am Boden zerstört. Tja, dieser Kreislauf wiederholt sich jetzt permanent.

    Mein Therapeut sagt, ich müsse Geduld haben, der Körper braucht Zeit, sich zu regenerieren. Er gibt mir dadurch unheimlich Kraft, aber es fällt mir auch schwer, einfach immer wieder nur zu hoffen, dass es bald wieder besser wird.

    Mein aktueller Stand sieht so aus, dass ich mit 50mg Amitriptylin verhältnismäßig gut zurechtkomme, es aber nicht wirklich vorwärts, zumindest aber auch nicht rückwärts geht. Ich probiere ab heute, die Dosis auf 25mg zu verringern...mal sehen, wie es wird.


    Danke, falls du bis hier hin gelesen hast! Es ist leider ein bisschen viel geworden, aber es musste einfach alles mal raus.

    Vielleicht gehts ja jemandem ähnlich, ich bin für jeden Kommentar dankbar!


    Mfg dead-end

  • nun dead end :smiling_face: schon spät, ich habs gelesen.... und werd auch sicherlich noch genauer drauf eingehen

    Schlaf gut Julchen

  • Hallo Dead End.

    Hab deinen Beitrag gelesen und fand ihn von Zeile zu Zeile trauriger.
    Das muss echt hart sein. Aber es ist doch immerhin schonmal toll,dass du von den Drogen weggekommen bist. Das find ich klasse. :winking_face:
    Was das alles nach sich ziehen kann,weiß ich leider nicht,weil ich diese Erfahrung nicht gemacht habe.
    Ich finde es aber prima,dass dudich öffnest um alles mal los zu werden. Das nimmt einem schonmal einen großen Stein vom Herzen.
    Hier im Forum wirst du auch einige Tipps bekommen denke ich.

    Gehst du denn regelmäßig zur Therapie wenn ich fragen darf?

    Ansonsten wünsche ich dir viel Kraft um das alles zu überstehen. Und denk daran: Jeder Tag ist ein neues Anfang!

    Liebe Grüße

    die Sherry

  • Hi, ich kenne ganz genau was Du beschreibst. Ich habe zwar nie Drogen genommen, aber die Erkrankung ist ähnlich wie bei Dir. Als es bei mir los ging, war ich auf der Arbeit und wir rauchten immer eine Feierabendzigarette. Auf einmal wurde mir schwindelin, ich hatte diese Wahrnehmungsstörungen und konnte nicht mehr reagieren. Eine Kollegin faste mich an und dann war ich wieder da und habe geheult wie ein Schloßhund. Von da an hatte ich das öfter,dann eine zeitlang ständig und dann folgten Therapien. Vor 20 Jahren nannte man das gar nicht Dissoziation. Das wird erst seit ein paar Jahren erforscht hat mir meine Ärztin gesagt.
    Ich würde dir abraten, die Medikamente von alleine abzusetzen. Sie machen doch nicht abhängig und gerade in der sonnenarmen Jahreszeit ist das nicht gut. Meine Ärztin erhöht sogar im Winter immer etwas, weil durch das Dunkle der Serotoninhaushalt durcheinandergerät. Jedenfalls bei mir. Ich muß wahrscheinlich immer diese Medikamente nehmen und ich finds gut. Antidepressiva können wirklich gut helfen. Ich lag mal monatelang im Bett und bin nicht rausgegangen. Als die richtigen AD gefunden waren, gehts mir jetzt viel besser. Wenn es bei dir im Moment nicht schlechter und nicht besser wird, würde ich doch zumindestens die Dosis so lassen. Hast Du keine Angst, daß es wieder schlimmer wird? Sprich zumindestens mit deinem Arzt darüber. Selber würde ich das nicht machen - meine Meinung. Ansonsten vertrete ich schon deine Meinung, lieber keine Tabletten, aber manchmal ist es nicht zu ändern, weil im Gehirn wirklich Botenstoffe fehlen können. Aber da habe ich nicht so die Ahnung von. Ich weiß nur, daß es mir mit AD besser geht. Lg.Tine

  • Hallo dead end,

    erstmal meinen Respekt :top:

    Finde es klasse was du erreicht hast und auch das du so ausführlich über dich schreiben konntest. Hab mich auch ein wenig wieder gefunden in deinen Worten.

    Ich verstehe dich sehr gut, wenn du sagst du magst nicht immer Medikamente nehmen müssen, aber ich denk auch ein AD macht nicht abhängig und wenn es hilft, dann muss es leider sein.

    Wenn du eine andere Erkrankung hättest und auf Medikamente angewiesen wärst würdest du sie doch sicher nicht absetzen, oder?

    Du hast z.B auch geschrieben, dass du nun so eingestellt bist, das du nicht so recht vorwärts kommst, aber auch nicht rückwärts läuft.
    Ob es da nun der richtige Zeitpunkt ist daran zu arbeiten, wenn du dich da noch gar nicht so stabil fühlst....?

    Es abzusetzten oder runter zu dosieren kann wirklich böse werden (sprech da aus eigener Efahrung).

    Bitte besprich dich da vorher mit deinem Arzt!

    Es braucht Geduld und auch immer wieder Kampf sich dem zu stellen, aber so offen wie du mit dir umgehst, denk ich wirst es auch schaffen da Wege heraus- die auch langfristig begehbar sind- zu finden.

    Irgendwie scheinst du immer im rechten Moment zu reagieren.

    Vielleicht bietet sich ja hier eine Art Übungsfeld und kannst dich so den Menschen wieder nähern? Würde es dir sehr wünschen.

    Liebe Grüße

    Bluemchen

  • Hallo du

    jup ich fand auch toll wie offen und ehrlich du von dir geschrieben hast, und auch ich kann mich ein Sück weit in deinen Worten finden.

    Ich denke, wenn du erstmal das Gefühl hast, dass nichts vorwärts geht, ist das ein Zeichen dafür, dass Therapie wirken kann.
    Du bist stabil, und kannst aktiv anfangen, etwas zu verändern, du wirst sehen, es braucht zwar Zeit, aber nichts ist unmöglich.

    Mit dem Runterdosieren deines ADS würde ich auch vorsichtig sein. Lieber stabil, usw, als wie ich es erlebt habe, wieder zu fallen ... um dann wieder hochzukrabbeln brauchst du wieder eine Menge Kraft.

    Auf alle Fälle besprich es mit deinem Arzt vorher

    :smiling_face:
    Julchen

  • Dankeschön erst mal an alle für die aufmunternden Worte! :smiling_face:


    @ sherry

    Ja, ich bin seit einem Jahr einmal die Woche in Therapie.


    @ tine

    Du kannst den Moment, an dem du in diesen Zustand also genau festmachen? Ich habe schon mehrere Erfahrungsberichte von Derealisationen gelesen und in der Regel wird von einer schleichenden Zunahme der Symptome berichtet. Und du schreibst, dass du nie etwas genommen hast. Ich glaube, dass meine Symptome durch meinen Missbrauch kommen, wenn auch indirekt, da ich ja zu dem Zeitpunkt schon lage clean war aber wer weiß, was da noch so alles für Faktoren eine Rolle spielen...wie ist es bei dir denn weitergegangen?


    @ bluemchen

    Das Absetzen ist mit meinem Arzt besprochen. Ich fühl mich einerseits momentan den Umständen entsprechend zwar gut, von stabil kann aber keine Rede sein. Es sollte auch nur mal ein Versuch sein, wie es mir in drei Tagen geht. Ich hab gestern abends 25mg anstatt 50 mg genommen und hatte massive Probleme einzuschlafen. Das Ende vom Lied war, dass ich dann irgendwann nachts doch noch auf 50mg erhöht hab :frowning_face:


    @ julchen

    Ich hab schon das Gefühl, dass meine Therapie mir geholfen hat, allerdings bin ich jetzt seit ein paar Monaten an einen Punkt angelangt, an dem ich einfach nicht weiter weiß. Ich weiß irgendwo schon, an was ich arbeiten müsste aber ich dreh mich nur im Kreis. :thinking_face:

  • .... auch das kommt mir bekannt vor, vielleicht denkst du mal die Therapieform zu verändern?

    Ich habe am ende meiner Verhaltenstherapie gemerkt, dass diese mich nimmer weiter bringt, und habe gewechselt zum DBT, um dann anschließend, eine tiefenpsychlogisch oder auf Trauma ausgerichtete Thera zu suchen.

    Wünsch dir viel Erfolg auf deinem WEg
    :smiling_face: Julchen

  • Hi, du fragst nach meinem Werdegang. Also ich hatte auf der Arbeit das 1. Mal diesen seltsamen Zustand. Diese Zustände häuften sich, bis ich nicht mehr arbeiten konnte. Ich konnte einfach nicht in diese Tür reingehen und bekam solche Zustände. Heute erkläre ich es mir so, daß ich damals überfordert war, 2 Kinder, Haushalt, Arbeit, Einkauf ohne Auto. Am Tag zweimal durch die ganze Stadt, Kinder wegbringen, abholen. Einen Mann der nur trinkt und nicht hilft, gerade mal, daß er zurArbeit ging (Schichten) Mein Innnerstes sagte halt, so erkäre ich mir das heute. Ich lebe in der damaligen DDR. Meine Kinder waren da 3 und 1 Jahr alt. Und morgens um halb sechs mußte ich mit ihnen aus dem Haus und abends um 17.00 Uhr waren wir wieder zu Hausel. War eine anstrengende Zeit. Wie gesagt, meine Zustände immer vor dem blöden Werkstor, so daß ich gleich wieder ging. Dann war ich krank geschrieben, zigmal den Notarzt gerufen, weil ich immer durch diesen Zustand in Panik geriet, aber zuerst war da immer dieser Zustand des Nichtmehrdaseins. Ich wurde jahrelang wegen Panikattacken behandelt. Hatte aber eigentlich diese nicht als Grundkrankheit, Nun hat mir meine Ärztin, die ich mir dann suchte vor 3 Jahren gesagt, das es Dissoziationen sind und die meine grundkrankheit seien. Vor 20 Jahren war man da noch nicht so weit, wird immer noch derzeit erforscht. Auch erst seit ein paar Jahren. Ich hatte also einen langen Weg, wo ich ganz und gar falsch behandelt wurde. Und da ich immer ins gleiche Krankenhaus ging war ich in einer Schublade drin, wo nur Konfrontation hift, wie Einkaufen üben, rausgehen üben, Fahrstuhl fahren üben und was die immer so gemacht haben. Aber da hatte ich schon gemerkt, ich kann das alles nur nicht wenn ich Diss. Wenn es nicht da ist, kann ichalles machen, aber das hatten die nie begriffen, bis ich endlich mal in ein anderes Krankenhaus ging, wo man sowas schonbehandelte. Und nun gehts aufwärts.

    Und daß es mit Deinem Mißbrauch zusammenhängt, das ist höchstwahrscheinlich. In diesen Momenten mußtest Du dich abspalten, wegdriften, sonst würde man das nicht aushalten und dran sterben als Kind, so habe ich es beschrieben bekommen. Doch jetzt als Erwachsener brauchen wir das zwar nicht, doch unsere Seele erinnert sich in schwierigen emotionalen Situationen daran und schaltet den Mechanismus ein, ob wir das wollen oder nicht. Es können auch gute Emotionen sein, wie auch negative Emotionen, daß wenn Deine Seele denkt, es geht nicht mehr, dann gibt es von ihr einen Stop. Ich hoffe, ich bin Dir nicht jetzt auf die Nerven gegangen, aber so habe ich es erlebt und die Zusammenhänge erklärt bekommen. Lg. Tine

  • Zitat von Julchen;127846

    .... auch das kommt mir bekannt vor, vielleicht denkst du mal die Therapieform zu verändern?

    Hmm darüber hab ich noch nie nachgedacht. Ich kenn mich leider ja selbst kaum mit der Thematik Derealisation aus. Klar, hab schon unendlich viel im Netz gelesen aber eben auch nur Erfahrungsberichte und wie Tine schon erwähnt hat, wird dieses Feld erst seit wenigen Jahren erforscht. Ich hab gestern mal angefangen, ein Buch zu lesen "Das Gefühl, ein No-Body zu sein" ...mal sehn, was mich erwartet. Vielleicht hilft mir das ja ma weiter.


    Zitat von Tine05;127906

    Und daß es mit Deinem Mißbrauch zusammenhängt, das ist höchstwahrscheinlich. In diesen Momenten mußtest Du dich abspalten, wegdriften, sonst würde man das nicht aushalten und dran sterben als Kind, so habe ich es beschrieben bekommen. Doch jetzt als Erwachsener brauchen wir das zwar nicht, doch unsere Seele erinnert sich in schwierigen emotionalen Situationen daran und schaltet den Mechanismus ein, ob wir das wollen oder nicht. Es können auch gute Emotionen sein, wie auch negative Emotionen, daß wenn Deine Seele denkt, es geht nicht mehr, dann gibt es von ihr einen Stop.

    Das ist genau die Erklärung, die die meisten Ärzte aber auch die Betroffenen selbst vermuten. Klingt ja auch logisch, dass sich der Körper bzw das Gehirn selbst schützt, also sozusagen einen Mechanismus auslöst, der dich von der Realität entfernt, um nicht an dem Leid zu ersticken. Doch ich frage mich, warum es mir dann nach der "Aktivierung" um ein Vielfaches schlechter geht als davor?

  • Nun der Zustand kostet Kraft....

    Wegdriften bedeutet, ein Ausklingen aus der jeweils schwierigen Situation ... duch Flashbacks, Aufarbeitung, oder erinnernde Auslöser ...

    ICh denke mir der Körper nutzt alle Energie um sich zu schützen, ähnlich wie bei anderem psychischem Stress....

    Körperlich Reaktionen sind ja meistens, Anspannung, HErzransen, Schwitzen .... wenn sich das lockert, ähnelts vielleicht sowas wie einem Muskelkater :smiling_face:

    LG Julchen

  • Mir hat man das erklärt, so wie Julchen es schon sagt, es kostet Kraft. Bei mir ist es dann oft so, wenn ich wieder da bin, so als ob ich 10 h körperliche Arbeit geleistet habe. Dann fühl ich mich müde, ausgelaugt, schlapp,depressiv und mir tut alles weh. Das hört dann erst auf, wenn ich eine Nacht dann geschlafen habe. Das hängt mit dem Adrenalin zusammen, was der Körper dann im Massen, wirklich in unheimlich großen Massen ausschüttet.
    Aber Julchen, und Dead End könnt ihr Euch daran erinnern, wie es als Kind war. Ich kann mich nicht bewußt errinnern, daß ich da auch solche Zustände hatte. Muss ich aber sagt mein Therapeut, jedesmal, wenn ich geschlagen wurde und in meiner Schrankecke war. Ich kann mich nicht an die Schmerzen errinnern, aber auch nicht an irgendwelche Zustände, wie ich sie jetzt erlebe. Oder als Kind nimmt man das nicht so wahr. Und könnt ihr Euch erklären, warum so viele Jahre dann Ruhe war und dann auf einmal diese Zustände wiederkommen, wo wir sie gar nicht gebrauchen können und sie gar nicht mehr nötig sind.

  • Vielleicht, weil sich im Außen was verändert hat?
    ... oder auch im Innen, dass man klarer wird und mehr an sich heran kommt.... ?

    Nun ich merke, wenn ich mich nicht ständig betäube wie alles wieder kommt .... eben auch Derealisionen ...

    Aber das wäre dann mehr ein Thema fürs Disso board :winking_face:

    LG Julchen

  • Also ich bin mir ziemlich sicher, dass ich als Kind nie wirklich derealisiert habe. Ich kann mich aber daran erinnern, dass ich diese Zwangsmomente hatte, bei denen ich bei bestimmten Situationen "hängen geblieben" bin, daraufhin überlastet war und mich dann mies gefühlt hab. Mir kommt es so vor, als ob dieser Meachanismus, wenn es denn einer ist, bei mir völlig versagt hat, indem er viel zu spät und vor allem völlig fehl am Platz eingesetzt hat.

  • Hört das jemals auf? Ich bin jetzt schon soo lange weg von dem ganzen Scheiß und trotzdem brodelt immer wieder ein Feuer in mir, wenn ich zB irgendwo Zigarettenrauch nur erahne! Manchmal wünsche ich mich einfach nur zurück in meine verkiffte, aber so einfache Welt... ich frag mich einfach, wozu ich mich immer wieder quäle, aushalte, durchstehe...für was denn? Ich bezweifle einfach mitlerweile, dass es ein "wieder zurück ins normale Leben" überhaupt gibt!?

    Ich verstehe die Welt einfach nicht..ich will doch leben und meine Depression überwinden aber wie, wenn man vom Leben einfach keine Chance dazu bekommt?? :frowning_face:

  • Lieber Dead End!

    Auch DU hast Dein Platz auf dieser Welt .... und ich finde es total toll und mutig von Dir so lange 'frei' zu sein.

    Und das die Sehnsucht danach immer mal wieder da ist, ist auch normal.
    Da denke ich auch so an mich .... Ich habe früher (vor ca. 10 Jahren) auch ganz viele Zigaretten geraucht .... und manchmal überkommt es mich (vielleicht 6 x im Jahr), da wird die Sehnsucht nach der Zigarette ganz groß .... und ich weiß, sobald ich 1ne angezündet habe, bin ich wieder voll dabei. Also lieber die Finger davon lassen und sich beschäftigen ...

    Ich möchte Dir einfach Mut machen .... es wird schon .... und auch für Dich leuchten heute Abend die Sterne besonders hell.
    Mach Dir bewußt,was für ein großartiger Mensch Du bist unter dem Himmelzelt.

    ... und DU wirst noch gebraucht ...

    LG

    Luna

  • Hallo Dead End,

    kanns gerade sehr gut nachempfinden. Ich kenns auch nur zu gut und schnell kommt die Frage warim man immer wieder kämpfen muss und wofür denn überhaupt...

    Im Grunde aber weiß man doch, das das Gedanken sind, die einen nur noch weiter runter ziehen.
    Ich hoffe du kannst dich gegen sie stellen. Hast so lang nun schon geschafft und kannst wirklich stolz sein. Vielleicht liest noch einmal deinen ersten Beitrag, da hast du gut erkennen können und beschrieben wie stark du bist und was du schaffst. :smiling_face:

    Ich hoffe du kommst etwas zur Ruhe heute und kannst es morgen auch wieder anders sehen.

    Viel Kraft

    Bluemchen

  • Hi dead End, ich denke, es gibt ein Zurück ins normale Leben, aber es ist auch harte Arbeit. Ich erlebe es gerade, in dem ich ganz gezielt an meinen Gedanken arbeite. Mit meinem Therapeuten versuchen wir die automatischen schlechten Gedanken in gute zu verwandeln, denn es sind wirklich unsere Gedanken, die uns nach unten ziehen.
    Und ich merke, es gibt immer wieder Einbrüche, aber auch ein wieder heraus. Jedesmal, wenn ich denke, jetzt hab ich es geschafft, geht die Kurve nach unten, aber ich merke auch, daß diese Einbrüche etwas seltener kommen und nicht mehr so lange andauern.
    Ich wünsche Dir viel Kraft und viele gute Gedanken. Du musst echt dagegen steuern. Es hilft, ist aber hartes Training.

  • Danke euch, heute gehts mir schon wieder besser. :smiling_face: Manchmal hat man aber auch echt miese Tiefs...

    Ich weiß auch ganz genau, dass wenn ich eine Zigarette rauchen würde, wieder rauchen könnte, als hätte diese fünfjährige Pause nie existiert. Vielleicht ist das einfach die Bürde die man tragen muss, so etwas wie eine Strafe für das, was man sich angetan hat?

    Ich würde einfach so gerne mal wieder auf ein "normales Level" kommen, ohne diese ständigen Ups & Downs.

    Sehr zu schaffen macht mir auch, dass ich phasenweise wieder verstärkt mit Zwängen zu tun hab. :thinking_face:

    Dann kommen aber auch wieder schöne Momente und auf einmal ist der Gedanke wieder da, am Leben teilzunehmen, all das Gute zu genießen und das Leben einfach nur anzunehmen.

    Und genau da falle ich dann wieder in ein Loch, weil ich mich schäme, soviel Zeit, Kraft...so viele Gedanken nutzlos zu verschwenden und nicht einfach nur zu Leben...kennt ihr das? Ich hab das Gefühl, mein Körper Sucht geradezu einen Grund, unglücklich zu sein?!

  • Zitat von dead end;132625


    Und genau da falle ich dann wieder in ein Loch, weil ich mich schäme, soviel Zeit, Kraft...so viele Gedanken nutzlos zu verschwenden und nicht einfach nur zu Leben...kennt ihr das? Ich hab das Gefühl, mein Körper Sucht geradezu einen Grund, unglücklich zu sein?!

    Dieses, tiefe, schwarze Loch? Das kenne ich auch.

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