Die Frage ist ja letztlich, wo der Diskurs hinführen sollte. Die meisten, die sich mit dem Thema auch nur halbwegs auskennen, haben eine ähnlich ambivalente Haltung entwickelt. Hatte ich seinerzeit schon als Konsument.
Einerseits muss man natürlich auch immer sehen, wer ein direktes Interesse an einer Auseinandersetzung mit der Thematik hat: Konsumenten, Leute, für die es als Medikament in Frage käme und das nächste Umfeld beider Gruppen. Dann hört es auch schon langsam auf. Erfahrungsgemäß beschäftigt sich der moderne Staatsbürger ja fast ausschließlich mit Dingen, die ihn unmittelbar betreffen, ansonsten ist ihm der Kurs egal, bis der Karren unwiederbringlich im Dreck versumpft.
Des Weiteren sehe ich auch noch ein Problem in einem ganz persönlichen Feld: Selbst wenn du mit oben genannten Gruppierungen überhaupt nichts zu tun hast, stellst du dich hierzulande erst einmal unter Generalverdacht, wenn du öffentlich und unanonym derlei Themen aufs Tableau bringst. Gesetzlich gesehen ist das natürlich unproblematisch, aber da sich der örtliche Gaffer seine ganz persönliche Wirklichkeit zusammenschustert, kann dir das immense Probleme bereiten.
Das sich die Politik nur äußerst widerwillig damit herumschlagen mag, ist allzu verständlich. Hinter vorgehaltener Hand wird das Scheitern der gegenwärtigen politischen Leitlinien ja auch als gegeben anerkannt, aber, welche der etablierten Parteien will sich denn als erste erheben und sagen "Hey, Mensch, da haben wir die letzten 40 Jahre aber ganz schöne Scheiße gebaut! Da müssen wir was ändern!"
In solche Lücken können letzten Endes auch nur relativ junge Parteien breschen, die immer noch behaupten können, mit der aktuellen Misere nichts zu tun gehabt zu haben. Davon abgesehen, würde ich persönlich auch nicht der Politiker sein wollen, der sich mit der Erarbeitung eines tragfähigen Konzepts herumschlagen sollte. Obendrein gilt auch wieder mein "Gaffer-Konzept" aus Absatz drei. Selbst als Politiker müsstest du dich nicht wundern, wenn die Schlagzeile einer auflagenstarken deutschen Tageszeitung am Montag skandiert: "Minister Mustermann womöglich Kifferbruder"
Ich stimme dir auch zu, dass Lösungen nur international herbeigeführt werden können. Allein schon wenn ich bedenke, unter welchem internationalen Beschuss sich die Holländer schon seit Jahren befinden. Gehst du national andere Wege, hast du schnell zwei Fronten an der Backe, mit denen es umzugehen gilt.
Zitat
Was wäre wenn man gleiches Geld für Prävention einsetzt?
Die Frage wird sein, wie kann ich mehr Leute vor einer Sucht
schützen, mehr Süchtigen helfen?
Die Frage, stelle ich mir auch immer. Präventivmaßnahmen gab es auch zu meiner Schulzeit schon en masse. Aber wie lief es dann ab? Hattest du mit der Sache noch nichts zu tun, war es dir vollkommen egal... betrifft dich ja nicht. Warst du dann im Milieu, hast du die ganze Geschichte nur belächelt, was aber auch ganz klar darin begründet lag, dass die sogenannte Aufklärung für den halbwegs informierten Konsumenten nichts weiter als eine moderne Hexenjagd war, mit Übertreibungen nicht geizte, es schlichtweg an Offenheit mangelte. "Ein Joint und ihr seid abhängig bis zum Ende aller Tage!" "Nur weil auf der Pille ein Smilie ist, ist das nicht lustig. Davon gehen dir die Hoden ein, wie Backpflaumen und irgendwann fallen sie ab!" Interessant ist natürlich, dass du über deine persönliche Einstellung dein nichtkonsumierendes Umfeld gleich noch mit beeinflusst hast, und das kleine grüne, schirmmützentragende Männchen da vorn gänzlich zur Lachnummer avancierte.
Jedoch ist es einfach so, dass eine Debatte über die Entkriminalisierung ad absurdum führt, solange nicht halbwegs tragfähige, auf jeden Fall effizientere als die heutigen, Konzepte für Präventivmaßnahmen erarbeitet wurden.
Oder um es mal so zu sagen: Meine pazifistische Grundhaltung habe ich vor allem meinem Aufenthalt bei der Bundeswehr zu verdanken, nicht zuletzt diesen verstörenden "Lehrvideos"... nach traumatisierenden anderthalb Stunden fliegenden Extremitäten, spritzenden Gedärmen, Rumgestückle und perverser Fledderei, wie sie nur die Wirklichkeit hervorzubringen vermag, und sich beim Rausrennen übergebenden Kameraden, war dir dann die letzte Lust auf ein Scharmützel vergangen. Wohlgemerkt kann dieser Ansatz auch nur funktionierenden, wenn durch das Zugehörigkeitsempfinden zur Gruppe "Soldat" dir so eine Identifikation möglich ist, wenn man so will eine bewusste Traumatisierung stattfindet.
Wie sähe das denn dann bei Drogenprävention aus? Ich hätte da zwar schon meine wüsten Fantasien, aber die behalte ich mal lieber für mich.
Obendrein schreibe ich unserer Jugend auch eine gewisse Abstumpfung zu... wenn ich bedenke, dass selbst diese Crystal-Vorher-Nachher-Videos bei youtube für joviale Ausbrüche sorgen, wird mir Angst und Bange, wenn ich mir vorstelle, präventive Konzepte erarbeiten zu müssen.
Zitat
Warum plappert der nun von H wenn die Frage um Cannabis
ging?
Weil man meiner Meinung nicht eine Diskussion um eine Droge machen kann, macht wenig Sinn, wie ich finde.
Das sehe ich ähnlich. Gehst du los, und änderst etwas an den Gesetzen bezüglich Cannabis, setzt du unwillkürlich ein Zeichen, erklärst dessen Nutzung per se erst einmal für unproblematischer. Langfristig wird das nicht viele Auswirkungen haben, aber zumindest kurz- bis mittelfristig die Problemlage verschärfen.
Versteht mich nicht falsch... ich befürworte keineswegs die aktuelle Lage, teile sogar viele Ansichten der Legalisierungsbefürworter (Stichhaltigstes Argument ist für mich immer noch der de facto non-existente Jugendschutz und der mögliche Kontakt zu "mafiösen Strukturen"... viele wissen, wie es in der Szene so zugeht, und auf was für Gestalten man da teilweise trifft. Der heutige Grasdealer, hat oft ja auch noch den ganzen anderen Kram in der Tasche, und wenn du ne Wumme brauchst, besorgt er dir die auch noch. Vom wirtschaftlichen Interesse, dich am besten auch noch auf was anderes drauf zu bekommen, schweige ich mal lieber. "Schon mal nen Teil probiert?" Wenn ich mir vorstelle, dass sich mein pubertierender Rotzer in solcher Gesellschaft rumtreibt, wird mir Angst und bange.), aber ich vermisse wirklich tragfähige Ansätze. Der Disput bezieht sich immer auf Allgemeinplätze... Präventivmaßnahmen, Präventivmaßnahmen... ja, welche denn?
LG
WbD