Zwischen Sucht und Sehnsucht

  • Hallo,

    vielen Dank für die Willkommensgrüße.

    Ich bin 35 und seit fast 10 Jahren schwer auf Gras hängen geblieben. In meiner Jugend war ich auch der Chemie nicht abgeneigt, das hat sich aber glücklicherweise von selbst gelegt ("dank" Magengeschwür und Speiseröhrenentzündung).

    Inzwischen versuche ich schon seit Mitte Januar mit der Kifferei aufzuhören, habe am Anfang auf den Tag genau 3 Wochen durchgehalten, um dann rückfällig zu werden, wieder aufzuhören und noch mal rückfällig zu werden. Und so langsam bin ich mächtig genervt von den Rückfällen. Es kann doch nicht so schwer sein, nicht mehr zu kiffen? Doch, es ist schwer - leider. Inzwischen habe ich auch mit rauchen aufgehört, also d.h. auch da bin ich gerade dabei aufzuhören, mit einem Rückfall bisher. Aber kombiniert finde ich es leichter, weil ich am Anfang so dermaßen viel geraucht hab, dass ich mir dann doch das Kiffen zurück gewünscht habe.

    Körperlich finde ich es wirklich großartig, gar nichts mehr zu rauchen.
    Im Moment geht es auch mit dem Suchtdruck, aber ich habe Angst vor
    bestimmten Situationen und vor allem Menschen, mit denen ich das ganz
    stark verbinde.
    Es macht mir auch ein bisschen Angst, so nüchtern mit mir klar zu kommen, zumal ich gerade dick im Prüfungsstress stecke und kiffen gerade in solchen Situationen als Belohnung und als Entspannung betrachte. Aber diesmal will ich es wirklich schaffen. Ich will einfach!!
    :s:

  • Hallo,

    mal wieder ein Zeichen von mir.

    Nach kurzen Aussetzern und dann doch wieder zweiflerischen Breit-Tagen bin ich inzwischen wieder sehr zuversichtlich und - vor allem - grad ziemlich fröhlich. Unterstüzt durch den nun doch langsam nahenden (wenn auch noch nicht so direkt in Temperaturen spürbaren) Frühling steigt meine Lebensfreude mit jedem einzelnen Tag, an dem das Kiffen ein Stück weiter weg rückt. Ich werde sicherer in dem, was ich tue und was ich will. Ich träume sehr klar, lese wieder zum einschlafen, bin viel offener und kommunikativer meinen Mitmenschen gegenüber und ich liebe das! :67:

    Erst jetzt fällt mir auf, wie extrem mich das Kiffen belastet hat. Klar ist es mir auch während des Kiffens aufgefallen, sonst hätte ich ja nicht aufhören wollen, aber mir wird erst jetzt so richtig bewusst, was mir alles entgangen ist, wie sehr ich mich in meiner kleinen Kifferblase abgeschottet habe vom Rest der Welt und mich damit teilweise in die soziale Isolation getrieben habe. Alles von dem ich dachte, ich würde es verlieren und vermissen, wenn ich nicht mir kiffe, erscheint mir zunehmend belangloser und banaler, alles was ich gewinnen kann, wird mehr und greifbarer.

    Vielleicht ist es ja auch nicht schlau, mit allzu übereifriger Euphorie um mich zu werfen, weil ein potentieller Rückfall ein umso größerer Downer ist... Aber ich komm nicht umhin, innerlich zu jubeln, übermütig zu sein und das (vielleicht ein bisschen unreflektiert) einfach nur in vollen Zügen zu genießen. :75:

  • Genieße deine Freude. Ich weis nicht, ob es dir auch so geht, aber als ich aufgehört habe hab ich genau das gespürt, was du jetzt beschreibst. Ich hatte das Gefühl die Lebensfreude kommt zurück, die so lange Zeit in mir eingefroren war.
    Es ist gut, wenn du dich freust. Das gibt Antrieb weiter zu machen. Das zeigt dir, dass du auch ohne Gras gut drauf sein kannst.

    Zitat

    mir wird erst jetzt so richtig bewusst, was mir alles entgangen ist, wie
    sehr ich mich in meiner kleinen Kifferblase abgeschottet habe vom Rest
    der Welt und mich damit teilweise in die soziale Isolation getrieben
    habe.

    All das was dir entgangen ist kannst du nun wieder leben. Ist doch super: Dir stehen so viele Erkenntnisse und Entdeckungen bevor. Ich empfand das Kiffen aufhören immer wie eine Art Forschungsreise durch die Welt und auch in mich hinein. Eine Reise ist anstrengend, aber sie birgt auch so viel Schönes und Neues.

    Freu dich weiter an deinem Erfolg, das tut dir gut.
    Und wenn du doch wieder Suchtdruck bekommen solltest (was leider zwangsläufig der Fall sein wird), dann denk an die vielen Dinge die du erreichen kannst, die wie du sagst dir schon greifbar erscheinen. Und an das Gefängnis, das in das dich Gras einmauert.
    Umso öfter du über deinen Suchtdruck triumpfiert, desto einfacher wird es ihn klein zu halten.

    lg Sphaira

  • Wie lang bist du denn schon clean, Sphaira?

    Ich empfand das Kiffen aufhören immer wie eine Art Forschungsreise durch die Welt und auch in mich hinein.

    Ja, Forschungsreise trifft es gut. Ich fühle mich auch teilweise wieder in meine Kindheit zurück versetzt, als ich die Welt voller Staunen und Wundern entdeckt habe. An jeder Ecke gibt es etwas neues, was ich noch nicht ausgiebig begutachtet habe. Ich habe einen viel offeneren Blick auf die Welt, hänge viel weniger in meiner Gedankensuppe fest. (Dazu kommt auch noch, dass ich mich nach langer Zeit nun doch endlich mal dazu durchgerungen habe, mir eine Brille zuzulegen, was wirklich überfällig war, und dadurch auch nochmal alles klarer sehe :winking_face: ) Apropos, kann es sein, dass zwischen kiffen und Kurzsichtigkeit ein Zusammenhang besteht?

    Inzwischen habe ich mich auch wieder Kifferfreunden ausgesetzt, die ich in letzter Zeit gemieden habe und dabei festgestellt, dass es richtig Spaß macht, Joints abzulehnen. Das erste Ablehnen hat noch einiges an Überwindung gekostet, aber bei jedem Weiteren ging es schon wesentlich leichter und ich habe richtig gespürt, wie ich jedesmal ein Stück wachse. Das Gefühl nach einem Abend, an dem ich von unzähligen Joints umgeben war und jeden abgelehnt habe, ist echt irre. :am:

    Allerdings gab es vorgestern eine Party, die ganz klar eine exzessive Kifferparty war. Es war der Geburtstag von eben jenen Freunden, die sich DJ's geordert haben, die richtig schöne Tanzmusik aufgelegt haben. Und tanzen ist eine echte Leidenschaft von mir. Naja, jedenfalls hat sich dann eine sehr angenehme Tanzatmosphäre entwickelt und es wurden ständig Joints rumgereicht. Irgendwann, aber wirklich erst am ganz späten Abend, konnte ich dann doch nicht mehr widerstehen und fand's auch echt toll in dem Moment. Aber ich merke heute noch die Nachwehen davon :gy: und freu mich nun wieder über die Abstinenz.

    Lieben Gruß
    Luc

  • Hi luciente,

    Zu deiner Frage: Ich bin seit 1 Jahr und 3 Monaten clean. Mir gings anfangs ähnlich wie dir. Hatte auch ein paar Rückfälle. Aber irgendwann muss dir klar werden, dass du da nur rauskommst, wenn du entgültig aufhörst. Wenn du in solchen Situationen in denen du Rückfällig geworden bist stark bleibst, oder dich zur Not auch zurück ziehst. Denn so lange du ab und zu was rauchst, wirst du immer unter dem Suchtruck leiden und lässt dadurch unglaublich viel Energie auf der Strecke.
    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass je länger man clean ist, desto weniger Freude man noch an der Gesellschaft mit seinem Kifferumfeld hat. Dass diese Leute mit der Zeit sogar nerven.
    Du würdest es dir leichter machen, wenn du dein Umfeld wechselst. Gibt es Menschen die du magst, die nicht kiffen? Oder Menschen von früher mit denen du wieder Kontakt aufnehmen könntest?
    Damit würdest du diese heiklen Situationen aus dem Weg räumen, in denen du durch andere zu Kiffen Verführt werden könntest.

    Klar ist es ein tolles Gefühl, wenn man einige Joints abgelehnt hat und klar, wächst man auch daran und ich finde es gehört eine wahnsinns Willensstärke dazu, aber wenn es letztendlich doch zu einem Rückfall führt hast du mehr verloren als gewonnen und es wäre besser gewesen, du wärst dem ganzen gleich aus dem weg gegangen.

    Mit dem Kiffen aufzuhören kann man ja auch nicht einfach so. Es ist ein Prozess der Entwicklung. Eine Änderung des Lebensumfelds, der persönlichen Einstellung und der Aktivitäten. Und ein Lernprozess in dem du lernen musst dir anderswoher Lebensfreude zu holen, anstatt aus dem Gras und Probleme anders zu bewältigen, als bisher.
    Hast du Hobbies? Wenn nicht, such dir unbedingt irgendwas was du gern machst. Irgendwas was dir gut tut. (Außer natürlich Drogenkonsum)

    Zitat

    Aber ich merke heute noch die Nachwehen davon gy.gif

    Fühl mal in diech hinein. Wie fühlen sich diese Nachwehen an? Kopf zu? Verplant? Träge?
    Ist doch schade, denn dieser Zustand hindert dich daran die Welt aufmerksam zu betrachten und weiteres zu entdecken, was du noch nicht entdeckt hast.

    Ich hoffe du beginnst JETZT mit der Veränderung.

    lg Sphaira

  • Heh Sphaira,

    danke für deine lange Antwort. Nunja, also das Thema Freundeskreis wechseln war auch schon eins in meiner LdG-Beratung. Wie sich die Dinge so entwickeln im Laufe der Jahre, besteht mein Freundeskreis nicht nur, aber doch zu einem sehr großen Teil aus Kiffern. Zwei Freundinnen haben auch aufgehört, was unsere Treffen natürlich erheblich einfacher macht. Bei einer von beiden habe ich allerdings festgestellt, dass mein emotionaler Zugang zu ihr, jetzt wo wir beide nicht mehr kiffen, erstaunlicherweise eingeschränkter ist, weniger intensiv. Möglicherweise gehen unsere Wege ausgerechnet jetzt ein Stück weit auseinander.
    Dann gibt es da einige, die ich nicht wirklich vermisse und bei denen es leicht fällt, sie nicht mehr zu treffen. Und dann gibt es aber auch noch ein Pärchen, zu denen ich den Kontakt stark eingeschränkt hatte, die mir aber dann doch ganz schön gefehlt haben in dieser Zeit. Sie haben außerdem auch Kinder, die sich mit meiner Tochter treffen wollen. Der Abstand ging jetzt eine Zeitlang ganz gut, aber in den Osterferien haben sowohl ihre Kinder als auch meine Tochter nun doch nacheinander gefragt und wollten sich endlich mal wieder sehen. Ich bin ja nicht nur für mich verantwortlich. Und ich werde auf keinen Fall sagen, dass wir nicht dahin können, weil ich sonst meine Sucht nicht unter Kontrolle habe. Da finde ich es schon besser, mich zu zügeln. Geht mir auch mit einer anderen lieb gewonnen Freundin so, deren Tochter ebenfalls mit meiner Tochter befreundet ist. Ich habe sie eine ganze Weile gemieden, aber nun fragt meine Tochter immer öfter, wann wir sie endlich mal wieder besuchen. Das macht es natürlich ein bisschen schwieriger, andererseits ist meine Stärke mehr gefordert, wirklich eisern zu bleiben.

    Hobbys habe ich nicht wenige, aber auch diese sind alle irgendwie ans kiffen gekoppelt. Ich war nie so die Rumhängkifferin, ich war und bin immer in Bewegung. Wenn ich gekifft habe, gibt mir das auch Antrieb meinen Hobbys nachzugehen. Aber ich habe beim nähen z.B. festgestellt, dass es wesentlich schneller und strukturierter geht, wenn ich nicht gekifft habe. Gitarre spielen geht nüchtern auch besser. Ich muss mir bei allem angewöhnen, diese Dinge ohne Gras im Kopf zu tun und bei allem die Erfahrung sammeln, dass es ohne kiffen viel mehr Spaß macht und leichter geht. Ich denke, da bin ich schon auf einem guten Weg. Ich kann sogar schon manchmal darüber lachen, dass ich bei allem erstmal denke, dass es ohne kiffen nicht gehen würde, dann aber nach einem selbst gesetzten gezielten Tritt in den Hintern feststelle, dass das eine völlig unsinnige Einstellung ist.

    Diese Party war etwas schwierig, aber trotzdem sooo schön, ich bin wirklich froh, da gewesen zu sein. Ich stecke gerade im Prüfungsbeat und hab in letzter Zeit außer meinem Schreibtisch und der Bibliothek nicht viel anderes gesehen. Nachtleben geht völlig an mir vorbei. Deswegen hat es richtig gut getan, bei einer schönen Tanz-Party zu sein, bei der obendrein sehr viele Leute waren, die ich schon ewig nicht gesehen habe und auf dich ich mich richtig gefreut habe. Ich zehre jetzt noch von dieser intensiven friedvollen Stimmung und bin wirklich froh, diesen Abend nicht zu Hause verbracht zu haben. Aber das war ja eine Geburtstagsparty, die auch nur deswegen so besonders war, weil besondere Leute eingeladen waren, die alle in unterschiedlichen Städten wohnen inzwischen. Kommt ja nicht allzu oft vor, deswegen wird mich diese Stimmung, die mich da verführt hat, auch nicht so bald wieder ereilen.

    Fühl mal in diech hinein. Wie fühlen sich diese Nachwehen an? Kopf zu? Verplant? Träge?

    Auf jeden Fall ordentlich verpeilt nach dem Aufstehen. Und meine Euphorie hat auch ein bisschen darunter gelitten. Ja, der Kopf ist ein bisschen mehr zu, ich war leicht gereizt gestern. Und klar, ich hätte besser damit getan, nicht zu kiffen und hätte trotzdem ein genauso gutes Partygefühl gehabt, wahrscheinlich sogar besser - mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit besser.

    Naja, jedenfalls ist es nicht einfach so möglich, mein Umfeld zu wechseln. Es gibt Strukturen, in denen stecke ich schon viel zu fest drin, als dass ich sie einfach so über Bord werfen könnte, dass bringt das Alter so mit sich. Mir bleibt nichts anderes übrig, als zu lernen, in jeder dieser Situationen und mit jedem dieser Menschen, die ich mit Gras in Verbindung bringe, nicht mehr zu kiffen. Das ist nicht leicht, aber umso bestärkender, wenn es gelingt - und das tut es immer öfter :smiling_face:
    Gestern haben wir uns alle übrigens nochmal zum aufräumen getroffen und da haben mich der Anblick und der Geruch von Joints schon wieder eher abgeturnt und es war gar nicht verlockend. Ich bin also trotz des Rückfalls ganz zuversichtlich und speichere das jetzt mal unter "Erfahrungen" ab, ohne es allzu negativ zu bewerten. Aber perspektivisch will ich mich natürlich schon komplett davon befreien und bin mir sehr bewusst darüber, dass ich besser daran täte, potentielle Verführungen jedweder Art so weit es geht zu minimieren.

    Liebe Grüße
    Luc

    3 Mal editiert, zuletzt von luciente (30. März 2013 um 15:50)

  • Ist dir bewusst, dass Kiffen nicht nur den Menschen der es betreibt schädigt, sondern auch seine Kinder? Die Kinder leiden darunter, wenn die Mama oder der Papa immer wieder plötzlich so komisch werden. Sie können nicht nachvollziehen, warum das so ist. Nicht selten trägt das zu einem nicht normalen Verlauf der Kindesentwicklung bei. Ich finde es nicht gut, wenn Kinder solchen Gefahren ausgesetzt werden. Gerade deswegen ist es nicht nur für dich, sonder auch für deine Tochter besser, wenn du den Kontakt zu Menschen die Drogen nehmen abbrichst. Als Selbstschutz für dich und für deine Tochter
    Denn du hast völlig Recht mit diesem Satz:

    Zitat

    Ich bin ja nicht nur für mich verantwortlich.

    Sondern auch für die Entwicklung deiner Tochter.
    Ich finde es gut, dass du aufhörst, gerade auch ihretwegen. Aber auch ihretwegen wäre es gut sie von Anlässen fernzuhalten bei denen konsumiert wird.

    Ich hab nun darüber nachgedacht, wie du es anstellen könntest, dass deine Tochter nicht länger mit Menschen umgeben sein muss, die Drogen konsumieren. Das ist wirklich nicht einfach, vor allem weil du den Umgang mit ihren gleichaltrigen Freundin wirklich schlecht unterbinden kannst.
    Vielleicht kannst du mit deinen Freunden darüber reden, dass es euren Kindern nicht gut tut, wenn ihr als Eltern kifft. Dass sie, wenn du deine Tochter mitbringst das kiffen sein lassen. Oder wenn das nicht möglich ist deine Tochter ihre Freunde zu dir einläd?

    Sag mal, wie alt ist denn deine Tochter eigentlich?

    Zitat

    Bei einer von beiden habe ich allerdings festgestellt, dass mein
    emotionaler Zugang zu ihr, jetzt wo wir beide nicht mehr kiffen,
    erstaunlicherweise eingeschränkter ist, weniger intensiv.

    Da kann ich mir vorstellen, dass eure Gesprächsthemen großteils von Cannabis gehandelt haben, aber euch sonst wenig verbunden hat. Kann das sein? Das ist schon schade, aber ihr entwickelt euch ja schließlich beide auch weiter. Manchmal leider auch in 2 verschiedene Richtungen.

    Zitat

    Und klar, ich hätte besser damit getan, nicht zu kiffen und hätte
    trotzdem ein genauso gutes Partygefühl gehabt, wahrscheinlich sogar
    besser - mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit besser.

    Irgendwie haben Süchtige das Motto "Mehr ist besser als weniger" doch ziemlich verinnerlicht und dann konsumiert man doch, obwohl man dann feststellt, dass es ohne genauso, wenn nicht noch größeren Spaß gemacht hätte. Gut, dass du soetwas erkennst. Mit Kiff ists halt nicht immer besser als ohne.

    lg Sphaira

  • Gerade deswegen ist es nicht nur für dich, sonder auch für deine Tochter besser, wenn du den Kontakt zu Menschen die Drogen nehmen abbrichst. Als Selbstschutz für dich und für deine Tochter

    Entschuldige Sphaira, aber findest du es nicht ein bisschen anmaßend, zu glauben, dass du besser als ich weißt, was für meine Tochter und mich gut oder schlecht ist?

    Ich weiß für mich sehr wohl, dass ich meiner Tochter gegenüber eine reineres Gewissen habe, wenn ich nicht mehr kiffe. Andere Menschen müssen das für sich und ihre Beziehung zu ihren Kindern selbst entscheiden. Es steht mir nicht an, meine Freunde zurechtzuweisen, zumal sie in ihrem Leben schon weit mehr auf die Reihe bekommen haben, als ich. (Er arbeitet in der Uni, sie ist selbstständig.) Wenn ich mit ihnen darüber rede, warum ich beschlossen habe mit kiffen aufzuhören, dann bleibe ich bei mir, rede nur von mir und meiner Intention und werde mich hüten, dass auf deren Lebenswelt zu übertragen. Ich hätte auch dicht gemacht, wenn mich jemand hätte belehren wollen, der selbst bis vor kurzem noch gekifft hat. Diese Familie, von der ich gesprochen habe, ist absolut herzlich und offen. Ich kenne keine andere Familie, die so gastfreundlich ist, bei denen man in dieser Form dazu eingeladen wird, sich zuhause zu fühlen. Vielleicht habe ich eine anderes Bild bei dir hinterlassen, Leute, die den ganzen Tag zuhause hocken, ihre Bude blau quarzen und ihre Kinder vernachlässigen. So ist es definitiv nicht. Wir haben schon unzählige wunderschöne Ausflüge und auch Urlaube in großer Gruppe mit vielen Kindern verbracht. Wenn wir beispielsweise am Ostseestrand verweilen und ich die Menschen beobachte, die da noch so rumliegen, finde ich durchaus, dass die Kinder in unsere großen Gruppe, von denen einige Erwachsene kiffen, wesentlich glücklicher und ausgelassener wirken, als die Isolierten in einer genervten Kleinfamilie, wo immer alles super geplant und perfekt sein muss.

    Meine Tochter feiert ihren Geburtstag (wird dieses Jahr 11) immer in großer Gruppe, sie lädt von sich aus immer eine Menge Kinder und Erwachsene ein, (von denen halt auch manche, aber lang nicht alle, kiffen) - meistens gekoppelt an Übernachten im Zelt in der freien Natur mit Lagerfeuer. Und die Kinder aus ihrer Klasse, die oft aus bürgerlichen Kleinfamilien kommen, sind immer total begeistert und wollen gar nicht nach Hause am nächsten Tag.

    Dewegen kann ich

    Die Kinder leiden darunter,

    so nicht unterschreiben. Das ist viel zu pauschal. Genauso wie meiner Tochter würde mir das echt fehlen, wenn ich den Kontakt zu Leuten abbreche, die kiffen, nur weil sie kiffen. Wenn ich diese Menschen nicht mehr in meinem Umfeld hätte, wäre es schlichtweg ärmer an sehr schönen sozialen Kontakten.

    So weit erstmal... Ich hoffe, dass ich eventuelle Missverständnisse ausräumen konnte.

    Lieben Gruß
    Luc

  • Wenn ich hier auch nicht herauslesen konnte wie der Konsum denn dann aussieht, also ob der Umgang mit den Kindern auch stattfindet wenn gekifft wurde oder gar vor ihnen konsumiert wird, steht eines fest - ein Kind von 11 Jahren weiß sehr wohl ob du irgendwas konsumiert hast oder nicht.

    Natürlich bist du nicht für diese Freunde verantwortlich, für deine Tochter sehr wohl.
    Da mir zumindest nur sehr wenige bekannt sind, die in einem kiffendem Umfeld clean bleiben können, kann man den Umgang also nur als gefährlich bezeichnen.

    Und ohne es böse zu meinen, nur ehrlich, ich finde du redest dir auch manches bisserl schön :face_with_tongue:

    Zitat

    Irgendwann, aber wirklich erst am ganz späten Abend ...


    Sei ehrlich zu dir, spielt es eine Rolle ob du am Ende der Party erst konsumiert hast?

    Zitat

    und ich die Menschen beobachte, die da noch so rumliegen ...


    Ob nun andere irgendwas besser oder schlechter machen spielt doch keine Rolle, ich kann immer nur versuchen, das beste für mein Kind zu geben.
    Der Vergleich hinkt, ich meine man braucht schon etwas mehr Einblick in eine kindgerechte Familie, als ein Strandnachmittag :winking_face:

    Es geht aber nicht um die Gruppe, es geht allein um dich und deinen weiteren Werdegang.
    Ich denke Sphaira wollte dich nicht ermutigen dass du deine Freunde bekehrst, vielmehr gehts einfach um dein clean sein und bleiben und zumindest was du bisher geschrieben hast, zeigt schon in die Richtung - ist Gift im Umfeld, dann wird es gefährlich.

    LG Franz

  • ein Kind von 11 Jahren weiß sehr wohl ob du irgendwas konsumiert hast oder nicht.


    Na ich hab nicht behauptet, dass es nicht so ist. Zumal rauchen ganz allgemein ein Thema ist, über das ich mit ihr durchaus offen rede. Unter anderem eben auch über Nikotinsucht und wie verdammt beschissen diese ist...

    Trotzdem finde ich es zu pauschal, zu sagen, dass Kinder unter allen Umständen darunter leiden, wenn deren Eltern kiffen. O.k., der Vergleich mit anderen Familien hinkt, da gebe ich dir Recht. Im Grunde wollte ich nichts weiter, als verständlich machen, warum ich manche meiner Freunde nicht aufgeben mag, nur weil sie kiffen. Klar ist das gefährlich, aber ich will sie nicht missen. Trotzdem habe ich zwangsläufig weniger Kontakt, verbinde aber eben auch so viel schöne Erfahrungen mit ihnen. Aber ich muss das jetzt nicht alles nochmal herunterbeten. Jedenfalls bin ich an dem Punkt angekommen, an dem ich schon zu viele gute Erfahrungen durch's nicht mehr kiffen gemacht habe, als dass die Gefahr besteht, dass ich wieder ernsthaft rückfällig werde.

    Fakt ist, dass ich mich nicht gern darüber belehren lasse, was für mich und meine Tochter gut ist, weil ich das selbst am besten einschätzen kann. Ich bin durchaus in der Lage, unser Verhältnis zu reflektieren. Und ich habe mich etwas blöd gemacht gefühlt mit der Belehrung.


    Sei ehrlich zu dir, spielt es eine Rolle ob du am Ende der Party erst konsumiert hast?

    Nein, spielt es nicht, es wäre besser gewesen, gar nicht zu konsumieren. Aber trotzdem war es ein wunderschöner Abend, auf den ich nicht hätte verzichten wollen, weil er mir anregende Gespräche und stundenlanges Tanzen beschert hat, was mich ausgesprochen glücklich gemacht hat. Da rede ich mir nix schön, es war einfach wunderschön. :21:

  • Und wie stehts mit Drogen, unterhältst dich da auch mit deiner Tochter drüber?
    Ich meine, in dem Alter kommt das ja bereits in der Schule ...
    Oder anders gefragt, weiß deine Tochter dass du Cannabisprobleme hast?

    Und keine 'Angst, belehren ist meiner Meinung was anderes, hier gehts eher um anmerken und diskutieren.
    Was du als Mitglied dann draus machst, dass musst ja immer du selbst entscheiden :winking_face:
    Zudem weiß ich wie das ist, ich hab selbst Kinder und musste mir ähnliches anhören oder in Betracht ziehen.
    Es ist aber unstrittig dass Suchtverhalten zu einem Teil was erlerntes, erlebtes ist und damit meine ich nicht, dass Kinder nur dauerbreite Eltern vor der Nase haben.

    Solch ein Umfaller ist ja auch kein Weltuntergang, wenn man es als Chance sieht, kann es sogar helfen.
    Aktuell schreibst du aber, dass du gute Erfahrungen mit dem clean sein machst, was ja wunderbar ist.
    Letztlich kennt aber jeder Zeiten wo scheinbar nur noch alles schief läuft und da wird sich ja dann erst zeigen, ob man eben dauerhaft ohne 'Cannabis auskommt.
    Habe ich dann keinen Kontakt mehr zur Droge, ist das schon eine Hemmschwelle, als wenn es im Umfeld eh rumliegt :face_with_tongue:
    Letztlich spielt es aber nicht die größte Rolle, ist die Entscheidung gefallen, halten eh keine 10 Pferde mehr ...

    Das aber so ein Abend nicht verteufelt werden muss, weil man konsumiert hat, der Abend als toll empfunden wurde, dass ist doch ok.
    So wie es hier zu lesen ist, hat das ja weitgehend nicht mit dem kiffen zu tun gehabt.
    Und wie gesagt, man sieht ja wie schnell es passiert und wenn das was bewirkt, dann passt auch das :smiling_face:

    LG Franz

  • Heh Franz,

    ja, auch Cannabis ist ein Thema, über das ich mit ihr rede. Diese Offenheit ist mir ziemlich wichtig zwischen uns. Ich bin mit Dauerlügen seitens einer Alkoholikermutter aufgewachsen und fand das für mich selbst eigentlich noch schlimmer, als den Alkoholismus an sich. Meine Tochter weiß, dass es für mich ein Problem ist, eine Sucht und dass es für mich echt ein Stück Arbeit ist, das aus meinem Leben zu verbannen. Ob das so gut ist, dass so offen seinen Kindern gegenüber zu äußern, weiß ich allerdings nicht. Aber ich denk schon, dass es besser ist, ihr zu sagen, was es mit mir macht, als so zu tun, als sei alles super und Mama wäre der stärkste Mensch auf der Welt.... :ce: Durch diese Offenheit gebe ich Fläche für Kritik und versuche dann auch sachlich und konstruktiv damit umzugehen, allerdings kritisiert sie mich trotzdem selten, obwohl ich sie quasi dazu ermuntere. Naja, Pubertät steht ja vor der Tür, bleibt abzuwarten, was das so mit sich bringt. :8:Klar mache ich mir auch Sorgen um potentielles Suchtverhalten meiner Tochter, bin ja wie gesagt selbst mit Alkoholismus aufgewachsen, aber ich glaub nicht, dass es DIE Lösung, sie konsequent von allen fernzuhalten, die etwas konsumieren. Dann würde halt auch etwas anderes verloren gehen. Ich glaub eigentlich schon, dass der offene Austausch darüber die bessere Alternative ist. Ich mein, sie lernt ja völlig verschiedene Perspektiven kennen, Leute die rauchen oder nicht, die kiffen oder nicht, Leute die Alkohol trinken (allerdings viel seltener) und Leute, die völlig nüchtern und (scheinbar) frei von Lastern durchs Leben laufen, gibt es in meinem Freundeskreis durchaus auch :5: Aber die sind schon wesentlich marginaler, zugegeben...

    Und keine Angst, belehren ist meiner Meinung was anderes, hier gehts eher um anmerken und diskutieren.

    O.k., sorry, dann hab ich vielleicht überreagiert. Irgendwie hab ich mich etwas angepisst fühlt... Lust auf Diskussion und Austausch hab ich ja eigentlich auch. Hmmm, muss ich nochmal darüber nachdenken, warum sich das für mich so gelesen hat.

    Letztlich spielt es aber nicht die größte Rolle, ist die Entscheidung gefallen, halten eh keine 10 Pferde mehr ...

    Ja, die ist gefallen. Bin total überzeugt davon, dass mich das nicht wieder einholt, auch wenn meine Sucht sich immer mal wieder meldet, ganz besonders dann, wenn ich mal nicht so einen guten Tag hab. Sofort klopft das kleine Teufelchen an. Aber ich bin mir durch die Zeit des Cleanseins sehr bewusst darüber, was die Verdrängung für mich bedeuten würde und dass es in jedem Fall, besonders bei nicht so guter Laune, besser ist, das durchzustehen, mir das ganz bewusst und nüchtern anzuschauen. Alles andere führt zur Endlosschleife, so viel hab ich zumindest schon gelernt durch den Entzug :winking_face:

    Das aber so ein Abend nicht verteufelt werden muss, weil man konsumiert hat, der Abend als toll empfunden wurde, dass ist doch ok.
    So wie es hier zu lesen ist, hat das ja weitgehend nicht mit dem kiffen zu tun gehabt.

    Ja, ich glaub, deswegen habe ich das auch so überdeutlich betont, dass ich erst ganz spät abends gekifft habe. Weil ich vorher schon all die schönen Gespräche hatte und auch vorher schon munter das Tanzbein geschwungen habe und hat es aus der guten Stimmung heraus halt gut gepasst. Aber es hätte nicht sein müssen, war aber eben in dieser Situation auch nicht so wahnsinnig tragisch.

    Schlimm finde ich für mich vor allem das Kiffen als Instument der Verdrängung von Problemen oder als Motivator für Irgendetwas. Es gab sehr viele Dinge in meinem Leben, von denen ich dachte, ich könnte das gar nicht ohne zu kiffen (Tätigkeiten, die mit Kreativität zu haben z.B.). Langsam entdecke ich immer mehr, dass ich auch so kreativ sein kann, oder mich in eine Tätigkeit oder ein Projekt reinsteigern kann, ohne vorher erstmal einen Joint rauchen zu müssen. Das Coole ist halt, dass es ohne kiffen wesentlich strukturierter ist (Struktur ist im Großen und Ganzen nicht so meine Stärke :58: ) und das ist ziemlich neu und cool. Naja, es hat sich schon so einiges angesammlt, was neu und cool ist ohne Gras im Kopf. Wenn ich mir jetzt meine Tagebucheinträge von den ersten Tagen des Entzugs durchlese, was mir möglicherweise fehlen wird, wenn ich nicht mehr kiffe, kommt mir das schon recht lächerlich vor inzwischen. Und das find ich voll gut.

    Lieben Gruß
    Luc

  • Ich wollte dir schon früher schreiben, bin aber bisher nicht dazu gekommen.

    Es tut mir leid, wenn es für dich so rüberkam, als wollte ich dich belehren. Ich wollte dir nur meine Sicht der Dinge zeigen und somit Anregungen geben dort etwas zu ändern, wo ich ein Problem sehe. Was du aber ändern willst oder nicht, ist dir selbst überlassen.
    Ich kenne dich und deine Tochter nicht und ich kenne auch deine Freunde nicht. Ich weis nicht, ob es möglich ist dass es einem Kind nicht schadet, wenn das Umfeld kifft. Vielleicht ist es das ja. Ich persönlich hätte da aber viel zu große Angst, dass es nicht so ist, um das herauszufinden :winking_face:

    Zitat

    Und ich habe mich etwas blöd gemacht gefühlt mit der Belehrung.

    Blöd hinstellen wollte ich dich auf keinen Fall. Dass du nicht blöd bist, zeigt allein schon, dass du darüber nachdenkst, wie ich das gemeint habe.
    Ich weis halt, dass kiffen einen vieles nicht mehr wahrnehmen lässt und man erst mit Erschütterung feststellt, was eigentlich alles falsch läuft, wenn man damit aufhört. Deswegen dachte ich mir, dass ich das mit deiner Tochter mal anspreche. Aber wie Franz gesagt hat, musst du selber schauen, wass du aus den Tips und Anregungen für dich rausziehen möchtest und was nicht.

    Ich glaube im großen und ganzen bist du schon recht weit, wenn ich sowas von dir lese:

    Zitat

    Es gab sehr viele Dinge in meinem Leben, von denen ich dachte, ich könnte das gar nicht ohne zu kiffen (Tätigkeiten, die mit Kreativität zuhaben z.B.)

    Wenn ich mir jetzt meine Tagebucheinträge von den ersten Tagen des Entzugs durchlese, was mir möglicherweise fehlen wird, wenn ich nicht mehr kiffe, kommt mir das schon recht lächerlich vor inzwischen. Und das find ich voll gut.

    Ich finde es schön sowas zu lesen :smiling_face:

    Mit deiner Tochter darüber zu reden, dass du ein Problem mit dem Kiffen hast und was die Sucht mit dir macht halte ich für gut. Wie du richtig erkannt hast, wäre es viel schlimmer, wenn du ihr vorgaukeln würdest, dass alles gut läufst, obwohl du kiffst.

    lg Sphaira

  • So, jetzt habe ich 2 Tage Krise durchlebt und dem daraus entstandene Drang zu kiffen nicht nachgegeben - großartig! Ich habe viel nachgedacht, auch über deinen Post, Sphaira, und meine Reaktion darauf. Ich glaube es war so etwas in der Art wie "Nur getroffene Hunde bellen" :winking_face_with_tongue:

    Ich rede mir das wirklich ein bisschen schön, ich bin ganz sicher nicht die Einzige, bei der sich das Kiffen negativ auf den Umgang mit den eigenen Kindern ausgewirkt hat. Für das Verhältnis zu meiner Tochter war das kiffen Scheiße. Viel zu oft war ich in Gedanken nicht bei dem, was sie mir erzählt, konnte ihr gar nicht so richtig zuhören, weil ich an etwas anderes gedacht habe, mich dem Efeugewächs in meinem Kopf hingegeben habe und ihr dadurch gar nicht mehr folgen konnte. Ich war manchmal sogar genervt davon, dass sie so viel redet, weil ich dann nicht mehr in Ruhe meinen Gedanken nachhängen konnte. Zugegeben. :frowning_face: Ich war oft viel mehr bei mir als bei ihr. Wenn ich gekifft habe, haben mich Situationen, wie Hausaufgabenhilfe zum Beispiel überfordert, weil ich gar keinen richtigen Nerv hatte, mich damit auseinanderzusetzen. Ich musste mich wirklich dazu zwingen, mich mit ihren Schulsachen zu beschäftigen. Zeit ist auch so ein Thema. Wir sind nicht selten viel später, als aufgrund des frühen Weckerklingelns angebracht gewesen wäre, nach Hause gekommen, weil ich die Zeit aus den Augen verloren habe durch mein Breitsein. Solche Mechanismen erkenne ich durchaus auch bei meinen kiffenden Freunden mit schulpflichtigen Kindern. Und ja, die Kinder bleiben in manchen Punkten ganz schön auf der Strecke dabei. Vielleicht gelingt es ja doch, darüber auch mal offen mit meinen Freunden zu reden. Aber ich kenne ja die Mechanismen der Sucht, man will das gar nicht wahrhaben. Allerdings würde ich schon auch gern die richtigen Worte finden, offen, diplomatisch. Je mehr ich mich selbst in meiner Rolle als (ex-)kiffende Mutter wahrnehme, desto unumgänglicher ist es auch, meine Wahrnehmung meinen Freunden gegenüber zu äußern, sonst stellt sich zwangsläufig die Frage nach der Aufrichtigkeit in der Freundschaft.

    Ich habe oft in ihrer Gegenwart gekifft, habe mir zwar Gedanken darüber gemacht und hatte ein schlechtes Gewissen dabei, habe aber trotzdem nicht bis zum Abend gewartet. So wirklich ein Thema zwischen uns im Sinne davon, dass es ein Problem ist, ist es im Grunde genommen auch erst, seit ich beschlossen habe aufzuhören. Vorher habe ich meine Sucht doch eher verleugnet.

    Na jedenfalls empfinde ich unser Verhältnis zueinander viel intensiver jetzt, bin uneinschränkt bei ihr und ihren Belangen. Ich bin viel offener für ihre Probleme, kann sie ernster nehmen, weil meinen eigenen in den Hintergrund rücken. Ich achte viel mehr auf Sorgfalt mit ihren Schulsachen, kann sie viel mehr auch einfach machen und herausfinden lassen, weil ich ihr nicht mehr meinen eigenen engstirnigen Plan aufdrücke und es fällt mir viel leichter auf Pünktlichkeit zu achten, sowohl beim abends ins Bett gehen, als auch beim morgens aus dem Haus gehen. Keine Hektik, kein Stress mehr früh morgens, nicht zur Straßenbahn rennen müssen. Klar und nüchtern zu sein macht vieles im Alltag mit Kindern wesentlich entspannter - zumindest für mich, bestimmt aber für viele andere auch.

    So, ich danke also für die Kritik und die Anregungen, die mich auf jeden Fall nochmal sehr zum nachdenken und Aufdecken von Selbstlügen angeregt haben.

    Liebe Grüße
    Luc :smiling_face:

  • Du musst deine Freunde auch nicht bekehren. Auf sie einzureden, wenn sie abblocken bringt gar nichts. Ich halte es einfach nur für wichtig es ihnen mal gesagt zu haben. Ich kann deine Bedenken da sehr gut nachvollziehen. Denn ich habe selbst Freunde die kiffen. Die wollten es auch nie kapieren, dass Kiffen nicht nur positive Seiten hat. Aber mitlerweile glaub ich, dass es doch was gebracht hat, dass ich mit ihnen hin und wieder über die negativen Seiten geredet hab. Vor allem darüber, was es mit mir gemacht hat. Auch wenn sies lange nicht verstanden haben.

    Es freut mich jetzt richtig, dass du dir eingestehst, dass es auch deiner Tochter schadet. Dazu gehört wirklich Mut und es ist ein großer Schritt. :winking_face:
    Aber sie es so: Du bisher hast du gekifft. Und nun hörst du auf damit und verbesserst nicht nur für dich sondern auch für deine Tochter eure Welt. Dieses Eingeständnis kann dir dabei helfen erst recht stark zu bleiben und dich zu bemühen in Zukunft ohne Gras alles was deiner Meinung nach nicht gut läuft besser zu machen. Denn jeder Mutter will ja nur das beste für ihre Tochter. Das besser zu machen, was nicht gut läuft gilt natürlich nicht nur in deinem Verhältnis zwischen dir und deiner Tochter, sondern auch für dich selbst.

    2 Tage Kriese und trotzdem clean geblieben. Da kann ich nur sagen: Wow. Starke Leistung. :smiling_face: Grad in Solchen Kriesensiuationen ists ja besonders schwierig nicht die Sturheit zu verlieren.

    Zitat

    So wirklich ein Thema zwischen uns im Sinne davon, dass es ein Problem ist, ist es im Grunde genommen auch erst, seit ich beschlossen habe aufzuhören. Vorher habe ich meine Sucht doch eher verleugnet.

    Jeder macht Fehler. Seine Sucht zu läugnen ist ein ganz typischer von Süchtigen. Aber es ist noch nicht zu spät. Wenn du jetzt damit anfängst dieses Thema offen und ehrlich vor deiner Tochter auszubreiten, anstatt es schön zu reden, kannst du noch einiges retten. Würdest du weiter kiffen und es vor deiner Tochter weiter läugnen, hätte ich Angst, dass sie selbst irgendwann mit Drogen anfängt (und seis "nur" Alkohol). Aber wenn sie weis, wie krass selbst das vermeindlich harmlose Gras sein kann, kann ich mir gut vorstellen, dass sie das später abschreckt vom eigenen Konsum, wenn das in ihrem Freundeskreis mal Thema werden sollte.

    Zitat

    Na jedenfalls empfinde ich unser Verhältnis zueinander viel intensiver jetzt, bin uneinschränkt bei ihr und ihren Belangen. Ich bin viel offener für ihre Probleme, kann sie ernster nehmen, weil meinen eigenen in den Hintergrund rücken.

    Das ist etwas wunderbares. Ich bin mir sicher das spürt deine Tochter. Du gibst ihr dadurch sehr viel.

    Zitat

    Klar und nüchtern zu sein macht vieles im Alltag mit Kindern wesentlich entspannter - zumindest für mich, bestimmt aber für viele andere auch.

    Da bin ich mir sicher.

    Lass von dir hören, wies dir weiter ergeht. Bin schon gespannt. :smiling_face:

    lg Sphaira

  • Nur ganz Kurz!

    Nicht oft lese ich so einen tollen Wandel, deine Selbstkritik ist überragend und ich finde, dieser Schritt war größer als das 'Kiffen aufgeben.
    Beider zusammen wird dir den richtigen Weg weisen :smiling_face:

    Saustark!!

    LG Franz

  • Hallo luciente,

    ich bin auch schwer beeindruckt von deiner Fähigkeit die kritischen Aüsserungen zuzulassen und zu reflektieren. Hut ab!!!

    LG Catfish

  • Danke. Das hat auch sehr gut getan. Ich kann mich zwar selbst ständig in Frage stellen, aber wenn es jemand anderes tut, ist es dann nochmal mehr Material, mit dem ich arbeiten kann. Ich liebe Kritik - immer mehr. Also gern immer drauf :winking_face:
    Auch wenn ich erstmal ein bisschen angepisst reagiere, so kommt es doch unweigerlich kurze Zeit später zum Nachdenken darüber. Ich hab das Thema jetzt für mich ein Stück mehr verinnerlicht und mir ist dadurch nochmal viel bewusster geworden, wie positiv sich das auf mein Muttersein auswirkt, mich nicht mehr zu vernebeln. Das ist wirklich schön.

    Meine Freunde bekehren will ich nicht, Sphaira. Aber ich denke schon, dass es unweigerlich immer mal wieder ein Thema sein wird, das ich anspreche. Ich werde mich dennoch davor hüten, den Moralapostel raushängen zu lassen. Ich bleibe schön bei mir und rede nur von meinen Erfahrungen. Gar nicht darüber zu reden, geht aber schon deswegen nicht, weil es ein Thema ist, was mich aktuell nun mal stark beschäftigt und ich ein gesteigertes Redebedürfnis dazu habe. Das kann ich in einer Freundschaft ja nicht einfach so ausblenden.

    Es freut mich jetzt richtig, dass du dir eingestehst, dass es auch deiner Tochter schadet.

    Das war wirklich nicht leicht. Man will ja immer das Beste für sein Kind und dann plötzlich zu erwachen und festzustellen, dass man an manchen Stellen dann doch auch ne lausige Mutter ist/war, torpediert extrem das Selbstwertgefühl. Man will ja alles besser machen, als es die eigenen Eltern vermocht haben. Die Erkenntnis, Parallelen zwischen sich selbst und verhassten Verhaltensweisen der Eltern zu sehen, hat ganz schön an meinen Festungsmauern gerüttelt die letzten Tage. Aber es ist immer gut, wenn es mal jemand schafft, diese Mauern einzureißen. Und dafür bin ich euch wirklich sehr dankbar.

    Seid ganz lieb gegrüßt
    Luc

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