Jetzt muss ich doch noch was loswerden.
Ich bin jetzt seit zwei Jahren mit meinem Partner (36) zusammen. Er hat eine schizoide Persönlichkeitsstörung, ist affektgestört und depressiv. Die Beziehung ist von Schwierigkeiten und Missverständnissen geprägt, da ich ebenfalls nicht ganz sauber bin. Aber wir kommen gut miteinander aus. Ich liebe ihn sehr. Wir wohnen zusammen, gehen beide z.Z. arbeiten. In unserer gemeinsamen Freizeit spielen wir Gesellschaftsspiele, PC, schauen viel Fernsehen (Serien, Filme) oder beschäftigen uns auch mit uns selbst. Mein Freund ist Programmierer, er programmiert auch privat sehr viel. Sonst surft er stundenlang im Internet, liest sich viele Artikel durch, liest Zeitung, Blogs, in Foren etc. Er schaut auch für sich Fernsehen oder spielt was. Das war es im Wesentlichen schon, was er so tut.
Ich lese viel und gern. Bin auch oft im Internet und habe auch ein paar Serien/Dokus, die ich mir ansehe. Dann habe ich ja noch einen kleinen Hund, mit dem ich draußen spazieren gehe. Und im Gegensatz zu meinem einsiedlerischen Freund bin ich ganz gern unter Leuten (aber nicht ständig, ich bin so ein Mensch- halb Couchpotatoe, ich bin gern zu Hause, halb auch unternehmungslustig, ich bin gern bei Freunden). Dann treffe ich mich also ab und an - vielleicht 1 - 3 Mal die Woche - mit Freunden, sehr oft einzeln, auch in Gruppen. Ich brauche etwas Abwechslung in meinem Leben.
Nun ist es so, ich liebe meinen Freund wirklich sehr.
Natürlich ist es aber manchmal schwierig, mit seiner Angst/Abneigung gegen soziale Verpflichtungen klarzukommen.
Wir beide sind nicht so viel draußen unterwegs. Meistens sind wir zu Hause, ab und zu spazieren, aber das hat er am Anfang auch öfter getan. Jetzt sagte ich ihm, wir müssen das mal wieder öfter machen. Er stimmte mir zu, macht das aber letztlich auch nur für mich, glaube ich.
Am liebsten wäre es meinem Freund, wenn er die Wohnung gar nicht mehr verlassen müsste. Er fühlt sich wohl und sicher dort. Er hat an nichts Spaß und Menschen sind ihm anstrengend, er fühlt sich unwohl, wenn er sozialen Kontakten nachgehen muss. Er kann keine Beziehungen aufbauen oder nur sehr schwer. Er hat mich und das beansprucht seine ganze "Kraft", er will mich auch (manchmal aber wohl auch eher nicht, das ist das Nähe und Distanz-Problem), ich reiche ihm. Beziehungen zu anderen Menschen kann er nur sehr schwer oder gar nicht herstellen. Er hat eine schlimme Kindheit gehabt. Sein Vater hat ihn umgebracht. Seine Mutter ihn (psychisch? physisch?) missbraucht. Er hat keinen Kontakt mehr zu seiner Familie. Früher hatte er mal Freunde. Die Freundschaften sind aber aufgrund neuer Lebensumstände und Umzug auseinandergegangen. Es besteht kein Kontakt mehr. Lediglich einen Kollegen hat er noch, der kam einmal vorbei. Wir haben einen Film zusammen geschaut.
Mein Freund hat mal eine Therapie gemacht, hat aber nicht geholfen. Er hat auch einige Medikamente ausprobiert, nichts hat geholfen. Jetzt will er keine Therapie mehr. Ich weiß nicht, ob und wie das mal wird. Ich will mir auch wieder einen Therapeuten suchen, weil ich ja auch einige Probleme habe. Und da schlug ich vor, dass wir ja auch mal gemeinsam dann dahin gehen könnten. Für ein, zwei Sitzungen. Er hat es nicht abgeblockt. Vielleicht wäre das ja auch mal eine Möglichkeit. Um unsere Kommunikation, unser gemeinsames Erleben zu verbessern.
Wir verstehen uns gut, auch, wenn wir oft streiten. Er ist sehr impulsiv. Ich bin eine Dramaqueen. Er irgendwie auch. Aber wir lieben uns. Wir albern oft herum. Es ist schön zu Hause. Gut. Er ist ein lieber Mensch. Ich habe ihn unglaublich gern.
Er will, dass ich mich wegen ihm nicht einschränke. Trotzdem mich mit meinen Freunden treffe.
Manchmal kommt er auch mit. Aber er mag es nicht, nur mit Leuten zusammenzusitzen, ohne, dass was konkretes unternommen wird. Er will nicht von seinem Leben erzählen, er hasst sein Leben. Er mag seinen Beruf nicht und quält sich oft durch den Tag. Er ist eben depressiv. Ich übrigens auch. Schwierig.
Wir treffen uns aber zusammen nicht sehr oft mit Anderen.Was gut geht, ist, dass Leute zu uns kommen. Spieleabende sind ein Schlüssel zu etwas Gesellschaft, das macht er schon gern? mit. Wenn er dann mal am Abend in der Runde entspannter ist und vielleicht was getrunken hat, wirkt es fast so, als hätte er Spaß, wenn wir spielen und herumalbern oder so. Meine Freunde finden ihn auch lustig, sie mögen ihn. Aber er ist eben auch oft distanziert und einsilbig.
Meine Familie wohnt 2 1/2 Zugfahrstunden entfernt. Ich besuche sie alle 3-5 Wochen. Manchmal übers Wochenende.
Meine Familie kann meinen Freund nicht leiden. Zumindes meine Mutter nicht. Er ist eben distanziert. SIe findet ihn arrogant und er hat auch schon mal zu ihr gemeint, dass er ihr nicht bei irgendeinem Computerproblem (das in dieser Situation gerade angesprochen wurde) helfen will, weil das lange dauert und er keine Lust hat, sich jetzt ne Stunde an ihren Laptop zu setzen. Er hat das nicht irgendwie patzig gesagt, aber es war natürlich nicht sehr nett. Er will nicht, dass die Leute ihn dann ständig bitten, dies und das für sie zu tun. Er will anderen eigentlich nicht so aufwendig helfen. Er will auch nicht, dass da eben irgendwelche Verpflichtugnen daraus entstehen. Bei meinen Eltern findet er es auch immer langweilig, na gut, viel machen wir nicht und so sachen wie Weihnachtsmarktbesuche etc sind natürlich eher nichts für ihn. Er kommt da auch manchmal für mich mit, aber das ist immer eine große Überwindung.
Ich fahre meistens allein zu meinen Eltern. Die sind wohl ganz froh darüber. Und mein Freund erst Recht. Er würde nur zweimal im Jahr mit mir hinfahren, aber ich will schon, dass es etwas öfter ist.. ich will etwas Normalität, ich will wenigstens ein bisschen was mit ihm machen. Ich will aber auch nicht, dass er sich schlecht fühlt, dass er sich immer zwingen muss.
Eigentlich kann ich auch gut Dinge allein unternehmen (also allein zu Freunden, Familie). Wenn ich aber über Nacht weg bin, dann findet das mein Freund nciht so gut. Er will, dass ich dann wieder bei ihm bin. Nicht so sehr aus eifersucht, sonder, weil er sich dann abends wieder allein fühlt. Er könnte ja mitkommen, aber das will er nicht. So beschränke ich meine außerhäuslichen Übernachtungen auf das Nötigste (ab und an ein WE bei meinen Eltern z.B.).
Aber das könnte zum Problem werden. Dass er so selten was mit mir macht, und wenn, dann am liebsten nur mit mir allein. Ist denn nicht ein gemeinsames Erleben wichtig für eine Partnerschaft? Führt dann nicht jeder sein eigenes Leben, wenn der Eine STÄNDIG zu Hause ist und der Andere natürlich irgendwie trotzdem sein Leben aufrecht erhalten will/muss? Wie lange kann das gut gehen? Geht es anderen Menschen vielleicht auch so? Das, was mein Freund mit mir macht, ist schon immer eine große Überwindung, aber er tut es, weil er versteht, dass das nötig ist, um eine halbwegs funktionierende Beziehung zu führen. Er tut es für mich und ich freue mich auch darüber. Ich versuche, ihm das auch zu vermitteln. Wir waren ja im August erst zwei Tage im Europapark zusammen. Er brauchte immer mal eine Pause von den Menschenmassen und hatte auch keine Lust auf Frühstück im überfüllten Buffettrestaurant, aber sonst hat er alles mitgemacht. Es war schön und ich bin froh, dass wir das gemacht haben.
Er will sich auch mit mir zusammen ein hobby suchen, aber am liebsten eines, was man auch zu Hause machen kann. Gibt es da was? Wir wissen einfach nicht weiter. Ich kann ja nichts : (
Auch außerhäuslich würde er ein Hobby mit mir betreiben, aber da was zu finden, ist schon schwieriger. Und regelmäßig mit Freunden/anderen Menschen ist auch schwierig, wird wohl eher nichts. Am liebsten wäre er aber zu Hause.
Er wollte im Sommer auch mal Fahrradtouren mit mir machen (haben wir nicht, mein Rad wurde gestohlen). Also da gibt es schon eine Grundbereitschaft.
Kernproblem sind oft die anderen Menschen. Aber auch das Haus zu verlassen, ist schwierig.
Ich weiß gar nicht. Ich fühle mich nicht unwohl in der Beziehung. Ich weiß, ich käme auch sehr gut allein zurecht. Aber er ist ein so interessanter, faszinierender Mensch und ich will ihn an meiner Seite haben. Ich liebe ihn sehr. Nur ist eben das immer irgendwie ein Problem. Manchmal. Mal mehr, mal weniger. Er meinte, ich soll mehr vorschlagen, dann hat er mehr Auswahl. Na gut, das stimmt: Ich schlage wenig vor, weil ich glaube zu wissen, dass er eh nicht will. Ich will ihn dann nicht belasten, ihn lieber in seinem sicheren Zuhause lassen. Aber für mich ist es wichtig, wenigstens ab und zu mal mit mir was zu machen- mit mir und anderen Menschen.
Zu meiner Familie fährt er nicht gerne... aber auch das hätte ich gern... ein bisschen öfter.. oder... ich weiß nicht. Manchmal. Irgendwie.