Bipolare Störungen nach 2 Wochen Abstinenz

  • Hallo Ihr Lieben,
    ich habe mich eben angemeldet und würde gerne Erfahrungen mit Leidensgenossen austauschen.
    Kurz: Ich, Mitte 30, habe seit über 15 jahren gekifft, seit 10 Jahren praktisch täglich. Nach einem längeren Denkprozess habe ich vor 2 Wochen meinen letzten Joint geraucht weil ich gemerkt habe dass ich irgendwie mit Mitte zwanzig "stehengeblieben" bin.

    Die ersten 3 schrecklichen Nächte habe ich praktisch gar nicht geschlafen sondern wurde immer wacher im Laufe der Nacht, dass kannte ich und darauf war ich vorbereitet. Ich dachte dann das Schlimmste sei vorbei. Nachher setzte das intensive, oft anstrengende Träumen ein, und ich schlafe seither jede Nacht etwa 4-5 Stunden und wache viel zu früh auf, Anfangs mit Hilfe von Alkohol und Schlafmittel. Trotz der Übermüdung bekam ich aber "Energieanfälle" die ich konstruktiv nutzen konnte und zeitweise setzte sogar eine gewisse Euphorie ein, soweit ist das ja ein typischer Ablauf, und darauf war ich vorbereitet.

    Aber nicht auf das was danach seit etwa einer Woche eintrat. Die euphorischen Momente kommen immer noch dann und wann, aber immer öfter schleichen sich Episoden tiefster Verzweiflung ein, oft aus Nichtigkeiten oder gar subjektiv grundlos. Mehrmals täglich wechseln sich manische und depressive und Phasen in ungekannter Intensität ab, wobei ich sogar den Eindruck habe das die Downs in den letzte Tagen zunehmen. Es ist wie wenn Jahrelang unterdrückte, gedämpfte Gefühle sich jetzt entfesselt Ihre Bahn brechen. Ich mache mir klar das dies nur chemische Prozesse in meinem Gehirn sind und versuche diese extremen Gefühle nicht ernst zunehmen, aber es fällt mir jetzt zunehmend schwer den Alltag zu bestehen, auch wenn ich gegen aussen noch die Fassade wahren kann und als sehr ausgeglichener "easy" Typ wahrgenommen werde... in mir drinnen ist Götterdämmerung.

    Meine Frage: Welcher ehemaliger Langzeitkiffer kennt dieses Phänomen? Wie lange ist mit diesem Zustand zu rechnen? Welche Hausmittelchen oder Tätigkeiten haben euch geholfen? Was mir etwas hilft ist viel Sport (Schwimmen, Tennis), Musik, lesen, gemässigt Alkohol und ausserdem esse ich seit fast 2 Wochen fast nur noch Früchte (eh kaum Appetit). Aber es ist schon sehr heftig. Wäre für jeden Tipp oder Erfahrungsaustausch dankbar.

    L.

    Einmal editiert, zuletzt von Aufgewachter (30. Mai 2016 um 01:37) aus folgendem Grund: Schreibfehler

  • Servus L.,

    ich hoffe du kannst jetzt auf diese Medikation Alk und 'Schlafmittel verzichten, dies dürfte nicht sehr förderlich sein und natürlich langfristig neue Gewöhnungsprozesse mit sich bringen.
    Wie lange welche Probleme anhalten, kann man leider nie genau sagen, hier sind einige Fakten zusammengefasst ==> Lass das Gras - Verschiedenste Informationen über Cannabis, Wirkung, Entzugserscheinungen

    Deine ausgewählten Tätigkeiten sind optimal, wie gesagt, abgesehen von 'Alkohol :face_with_tongue:
    Nach 2 Wochen sollte aber doch auch das Essen langsam wieder besser schmecken, nur Obst ist zu einseitig.
    Was ich noch anrate, viel trinken und viel frische Luft ...

    Wenn man wie du, so lange Zeit konsumiert, dann braucht es Geduld.
    Wie du schon schreibst, muss sich die Hirnchemie neu einstellen und das kann natürlich nach so langer Konsumdauer nicht in 2 Wochen passieren.
    Dennoch sollte sich langsam Besserung einstellen, ansonsten wäre auch mal ein Arztbesuch nicht verkehrt.
    Nicht das unbedingt schlimmes zu erwarten wäre, aber ein Bluttest und ne ärztliche Untersuchung könnten andere Probleme ausschließen.

    Die Seite Lass das Gras könnte auch etwas für dich sein, schau dich einfach mal in Ruhe dort um :smiling_face:

    Viel Erfolg!!

    LG Franz

  • Lieber Franz

    Vielen Dank für deine Rückmeldung. Dass man den Teufel nicht mit dem Belzebub austreiben kann, respektive Cannabis mit Alkohol, ist mir schon klar. Schlafmittel habe ich nur die erste 2 Nächte genommen, aber es hat eh nicht gross geholfen, war dann am Tag einfach irgendwie immer müde konnte aber nie schlafen. Alkohol, vor allem Rotwein gemässigt konsumiert, hilft mir am Abend etwas gegen die Unruhe. Ist mir klar dass das keine langfristige Lösung ist und von einem Suchtberater kritisch beurteilt werden muss, aber ich kenne meine Suchtdispositionen doch so gut, dass ich weiss das ich das im Griff habe (habe es, im Gegensatz zum Cannabis, immer geschafft längere Zeit gar keinen Alkohol zu trinken wenn ich es mir vorgenommen habe.)

    Ich esse nicht nur Obst, aber habe irgendwie kaum Lust auf "feste Nahrung", esse viel Suppen im Moment und versuche aus der Not eine Tugend zu machen, 1-2 Kilo Bauchspeck weniger würden mir nicht schlecht stehen :face_with_tongue:

    Ich werde versuchen mehr Wasser zu trinken, dass mache ich glaube ich sowieso zu wenig.

    Ich, der bisher kaum Zigaretten geraucht habe, rauche jetzt abends ca 2-3 selbergedrehte Tabakzigaretten. Kann dies auch einen Einfluss auf meinen gegenwärtigen Zustand haben?

    Wie lange schätzt du wird dieser "bipolare" Zustand und das früher aufwachen erfahrungsgemäss anhalten, respektive ab wann wäre ein Arztbesuch angesagt? Und was könnte dann in einem Bluttest rauskommen? Ich habe mich letzten Herbst auf Herz und Nieren prüfen lassen, und (zu meinem Erstaunen) kam heraus, dass ich "vorbildliche Blutwerte" habe, nur etwas mehr Fisch essen sollte (Vitamin D).

    Ich werde gerne mal in "Lass das Gras" herumschmöcken!

    Vielen Dank und beste Grüsse
    L.

    Einmal editiert, zuletzt von Aufgewachter (30. Mai 2016 um 16:40)

  • Bis zu 3 Monaten, aber das ist einfach nicht pauschal zu beantworten.
    Solle in den kommenden 2 Wochen nicht eine gewisse Besserung aufkommen, dann würde ich mal einen Arzt hinzuziehen.
    Was dabei8 raus kommen könnte, das kann man nicht sagen. Bei Kiffern treten halt manchmal Mangelerscheinungen auf, weil z.B. die Ernährung nicht optimal ist/war ...
    Wenn aber erst vor einigen Monaten alles untersucht und ok war, dann solltest dir da nicht größere Sorgen machen.
    Wie gesagt, sollte es sich nicht langsam zum besseren verändern oder gar schlimmer werden, dann sollte ein Doc hinzugezogen werden - schaden kanns ja nie :winking_face:
    Vitamin D-Mangel im Herbst/Winter haben viele ==> Ursachen von Vitamin D Mangel: Was Du tun kannst
    Tipps auf dieser Seite dürften aber für dich aktuell auch optimal sein :smiling_face:
    Frische Luft, Betätigung im Freien usw. ...

    Das 'Nikotin nicht gesund ist, das weiß jeder, ob es aktuell auf deinen Zustand einwirkt, ist schwer zu sagen.
    Jedenfalls sehe ich dahingehend einen negativen Einfluss, wenn man zuvor nicht geraucht hat und nur Joints gedreht hat, das ein psychischer Gewöhnungseffekt - Tüte/Kippe - als Rückfallgefahr gesehen werden könnte.
    Man rät ja sonst auch, dass alle Dinge die zum Konsum verwendet wurden, komplett zu entfernen, also weg zuwerfen.

    Weiter viel Erfolg und Durchhaltevermögen!

    LG Franz

  • Hallo Aufgewachter,

    kann dir leider keinen super Tipp geben da ich selbst mit meinen Emotionen manchmal zu 'kämpfen' habe. Das einzige was mir hilft ist zu akzeptieren, dass es sich jetzt halt oft scheisse anfühlt. Aktzeptanz und die Erwartungslosigkeit, dass es sofort besser werden muss, erleichtern mich zumindest. Und die Gewissheit, dass die Sucht nur ein Teil von mir ist, also es noch viel mehr Teile von mir gibt, die es gilt mit täglicher Übung zu stärken bis sie größer und größer werden und mein süchtiges 'Ich' nur noch so mini ist, dass es sich garnicht mehr bemerkbar macht. Oder wie du schreibst, sich die Chemie im Hirn einfach ändert.

    Und das mit dem zu wenig Wasser trinken kenne ich auch, ich glaube das kann u.a. auch der Grund für Erschöpfung sein.

    So wie du schreibst ist die schlimmste Phase vorbei und dir geht's besser. Das ist doch echt gut, dann wird's auch noch besser.

    Falls es dir trotzdem irgendwie helfen sollte ab und zu mit mir zu schreiben, gerne!! Ich jedenfalls wünsche mir Kontakt mit 'Gleichgesinnten'. In meinem Bekannten- und Freundeskreis gibt es entweder nur Suchtis oder Leute die noch nie süchtig waren. Beide Seiten können mich also nicht wirklich verstehen.

    Alles gute

  • Liebe Verwöhnte

    Ja es geht echt besser, ich bin seit 3 Wochen clean, habe aber am Samstag einen Zug mitgeraucht. Bilde mir ein das schlimste ist hinter mir, aber du sagst ja selbst dass du öfters 3-4 Wochen geschafft hast aufzuhören, ich habe das seit 3 Jahren nicht mehr gemacht gehabt. Mal schauen wie sich das in den nächsten Wochen entwickelt. Ich gebe zu ich habe mir auch schon mal gedacht dass ich mir nach 1 Monat einen "Belohnungsjoint" gönnen könnte, falls ich überhaupt Lust habe. Du hast aber anscheinend schlechte Erfahrungen mit sowas gemacht...

    Was mich etwas nervt ist, das ich jetzt Tabakzigaretten rauche was ich früher fast nie machte, habe fast mehr Raucherhusten als vorher...

    Liebe Grüsse
    L.

    Einmal editiert, zuletzt von Aufgewachter (7. Juni 2016 um 15:04) aus folgendem Grund: Schreibfehler

  • Der Appetit ist eigentlich wieder normal nach 3 Wochen, Verdauung und Schlafen mact noch etwas Probleme aber geht auch schon etwas besser, und auch die irrationalen Gefühlsschwankungen scheinen sich etwas zu normalisieren.

    Aber auch positive Effekte stellen sich ein. Ich bin defintiv "wacher" und "heller" als auch schon, ich vergesse weniger Dinge, kann mir Namen merken und ermüde nicht so schnell bei Gesprächen. Meine gemässigte Soziophobie (oder eher Misanthropie) hat sich auch etwas gelegt, ich führe jetzt auch mal einen sinnloses Smalltalk übers Wetter oder Fussball obwohls mich nicht interessiert, früher hab ich das z.T schon sehr unhöflich abgeklemmt und mein Gegenüber etwas brüskiert, bin sozusagen "Toleranter" geworden.

  • Hey Aufgewachter,

    hoffe dir geht's soweit gut.

    Auf 3 Wochen clean sein kannst du echt stolz sein!!, wenn das seit 3 Jahren nicht der Fall war. Ja ja das Belohnungsding, nach einem Monat sich mit einer Tüte zu belohnen ich muss echt schmunzeln wenn ich das lese.
    Grundsätzlich finde ich es ja garnicht schlimm ein paar Mal im Jahr an einer Tüte zu ziehen. Würde ich auch wieder tun wollen, wenn ich bis jetzt nicht immer 'rückfällig' dadurch geworden wäre. Aus einer Ausnahme wurde noch eine und noch eine und zack hatte ich plötzlich einen Beutel Gras wieder zu Hause und wenn das der Fall ist, dann wird jeden Abend eine Ausnahme gemacht Mir geht's dann auch immer total gut währenddessen, Adrenalinstösse hoch 10, wenn ich mir Trinken und was zu naschen zurecht stelle, die Wohnung schön aufgeräumt habe, so dass es Mega gemütlich ist und kurz bevor ich mir meine Lieblings-Serie anmache , genieße ich das Ritual mir eine oder auf Vorrat gleich mehrere Tüten zu bauen... Ich liebe es - leider.

    So fühlt es sich die ersten Tage an, wenn ich lange nichts geraucht habe. Vergeht aber, irgendwann wird es/werde ich monoton und verschwinde hinter einer Wolke, Empfindungen sind gedämpft und eigentlich bin ich ganz schön langweilig. Und depressiv. Und da das seit Jahren der selbe Kreislauf ist, habe ich beschlossen mir eine gesündere Belohnung zu suchen. Es gibt Leute, die können besser mit dem ab und zu mal kiffen umgehen. Die genießen es Mal, aber weiter interessiert es sie nicht (mehr).

    Hehe ich musste lachen als ich 'ich führe jetzt auch mal sinnloses Smalltalk...' gelesen habe Ich glaub ich weiß was du meinst.

    Mit den Zigaretten habe ich erst gestern mal wieder aufgehört. Jetzt bin ich so mega clean :winking_face: hoffe ich halte es durch. Ich denke das ist es Wert. Leben muss mehr sein als ständig einer Sucht nachzugehen.. Es sei denn einer gesunden Sucht.
    Hab gehört manchmal ist es leichter die Sucht auf Sport zu verlagern. Mal sehen..

    Schöne Woche wünsche ich dir! !

  • Liebe Verwöhnte

    Es sind jetzt bald 4 Wochen und es geht immer besser. Kann jetzt auch problemlos mit Kampfkiffern rumsitzen und es ist mir egal. Etwas problematisch ist eigentlich nur noch "einen Abschluss" für den Tag zu finden, ein Kollege der das selbe durchgemacht hat, hat mir empfohlen ein "Ersatzritual" einzuführen, er zum Beispiel hat immer noch eine kurze Teezeremonie gemacht vor dem zu Bett gehen.

    Sport mache ich auch viel, und mein Tennispartner der nichts von meinem Kiffen wusste hat von sich aus gemeint was denn mit mir los sei, ich sei irgendwie viel "geistesgegenwärtiger" und würde Bälle erlaufen die ich vor einem Monat nicht mal versucht hätte :smiling_face:

    Das Beste ist aber, dass die "Bipolarität" sich abgeschwächt hat und vor allem es immer weniger "Downs" gibt und immer mehr "Ups". Habe auch einfach beschlossen schlechte Dinge die ich nicht ändern kann abzuhaken, nicht mehr zu hadern. Vorgestern wurde mein Fahrrad geklaut, dass hätte mich früher sicher eine Woche runtergezogen. Jetzt habe ich mich 5 Minuten genervt... dann Schwamm drüber und heute ein neues besorgt.

    Interessant ist, dass ich langsam abfärbe auf die alten Dauerkiffkumpel, es fällt einfach dass ich besser drauf bin, lustiger, fröhlicher, agiler...auf einmal gut mit Frauen quatschen kann etc. Da hat mich doch schon der ein oder Andere angesprochen wie ich denn das angegangen bin und dass es Ihnen wohl auch mal gut tun würde...

    Schlecht ist nur dass ich momentan relativ viel rauche und z.T auch mehr Alkohol getrunken habe als sonst, aber wenigstens fast nur mit andern Menschen.

    Habe im letzten Monat auch mehr Bücher gelesen als in den zwei Jahren zuvor... "Der goldene Handschuh" von Heinz Strunk ist sehr zu empfehlen, allein so nicht enden zu wollen ist Ansporn genug sich zu ändern.. A propos ändern, ich habe einen netten Spruch gelesen denn ich mir angeeignet habe: "Du musst nicht dein Leben ändern, sondern dein Ändern leben" :winking_face:

    In diesem Sinne wünsche ich dir eine schöne Woche

    LG
    L.

    Einmal editiert, zuletzt von Aufgewachter (12. Juni 2016 um 20:35)

  • Hallo Aufgewachter,

    hoffe es geht dir gut!

    Das mit dem Ersatzritual ist echt ne gute Idee, werde ich auch mal ausprobieren.
    Hört sich alles echt gut an bei dir :smiling_face:

    Mir geht's auch besser, bin jetzt ca. bei Woche 5 .. ich freue mich erst so richtig ab Woche 10 , dann habe ich es deutlich länger ausgehalten als seit Jahren nicht mehr. Langsam fange ich auch an meine 'geistige Klarheit' zu genießen. Cool, dass du damit sogar deine Kumpels anspornst...hehe jaa, reden ist einfacher wenn man nüchtern ist :winking_face: Außerdem wollen Frauen mit Stil keine Dauerkiffer und umgekehrt genauso. Ich hab's schon erlebt, dass Männer leicht geschockt waren, wenn ich mich geoutet hab.. Und eine Beziehung wo beide so viel kiffen...hab's erlebt, man entwickelt sich nicht weiter. Und irgendwie bedeutet Leben und Beziehungen führen doch auch Entwicklung, denke ich.

    Der Spruch : "Du musst nicht dein Leben ändern, sondern dein Ändern leben" gefällt mir

    Dir auch noch eine schöne Woche und viel Erfolg bei den Frauen

    Glg!!

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