Immer wieder Rückzug

  • Hallo,

    vielen Dank für die Antworten und ja, Helga, ich denke, Du schilderst das perfekt, genau so erlebe ich das auch - die Käseglocke, unter der sich die Leute halb freiwillig, halb gezwungenermaßen, anpassen und Regeln einhalten müssen. Das schildern ja auch diejenigen so, die eine solche Therapie durchlaufen haben. Was Du beschrieben hast mit Haushaltsführung, sich pflegen, erste Schritte, sich in Tagesstruktur und Arbeit einzufügen - gleiche Themen hat er auch. Und wenn das alles einigermaßen läuft, gewöhnt man sich als Angehörige/r natürlich auch an die nun kräftig verbesserte Situation und die neue Zuverlässigkeit und kann dann umso härter aufschlagen, wenn ein Rückfall kommt, genau wie Du es schilderst, das macht auch mir Angst. Man muss da mit ihnen eine Gratwanderung vollziehen - vertrauen dass es gut geht einerseits und sich des Risikos bewusst sein andererseits, ohne sich dauernd zu sorgen, was nicht einfach ist.

    Vielleicht ist das wirklich der einzige Weg, nur auf sich zu gucken. Wir haben allerdings viel Kontakt, sodass meine Gedanken auch oft bei ihm sind. Vielleicht wäre Dein Weg, ihn erstmal sozusagen alleine und eigenverantwortlich Therapie zu "schicken"- wie Du es dieses Mal glaube ich getan hast, das habe ich doch richtig verstanden? - der bessere auch für mich gewesen. Ich war vor Monaten auch drauf und dran, das so zu machen, hab's dann aber nicht fertiggebracht. Weißt Du denn oder willst Du noch wissen, wie es Deinem Exfreund geht? Habt Ihr überhaupt noch Kontakt? Mich hat Deine Geschichte sehr angesprochen, weil mir so viele Situationen bekannt vorkamen...

    Bei meinem Freund, der deutlich mehr Drogen-Jahre als Deiner hinter sich haben dürfte, bin ich mir allerdings nicht sicher, ob er dann nicht kurz vor knapp noch aufgegeben und alles abgebrochen hätte, einfach weil ihm die Motivation in seiner total verfahrenen Lage gefehlt hätte.

    Modernere Therapieeinrichtung beziehen ja auch das Thema Rückfall bis zu gewissen Grad mit ein - so auch diese Klinik, in der er ist. Auch Franz hatte an anderer Stelle ja schon dazu was geschrieben, dass ein solcher vorkommen kann und es dann nicht immer damit enden muss, dass jemand wieder komplett wegbricht. Was mich halt interessiert: Wie konkret verfahren Ärzte und Therapeuten in so einem Fall? Es gibt ja so etwas wie ein Rückfall-Management.

    Natürlich ist das aus Sicht eines Partners/Partnerin was anderes als aus der professionellen therapeutischen Sicht, weil man einfach persönlich involviert ist, und vielleicht sollte man das Feld dann komplett den Profis überlassen, wenn es dazu kommt. Umgekehrt: als Partner dem- oder derjenigen schon davor mit Beziehungsende drohen für den Fall, dass er rückfällig wird, - ich zweifle, ob das hilfreich ist, Rabert. Denke, mein Freund weiß auch so, dass das hier und jetzt die Chance ist, die er ergreifen muss und sollte. Ihm ist auch klar, dass ich mehrfach kurz vor der Trennung stand wegen seiner Problematik und dass noch immer hartes Stück Arbeit vor ihm liegt, wenn er es schaffen will.

    Es geht mir auch nicht so sehr ums Verzeihen - ich sehe das so, dass viele Dinge, die bei uns schiefgelaufen sind, halt zumindest auch suchtbedingt so liefen. Ich will ihn da nicht von jeder Verantwortung freisprechen und die Sachen müssen auf jeden Fall aufgearbeitet werden. Aber wer da mitten drin steckt, hat nicht allzu viel Handlungsspielraum, oder sehe ich das zu nachgiebig, verteidigend und co-abhängig? Und ich sehe durchaus auch Fehler bei mir - ich war zu lange zu blauäugig und zu freigiebig und habe zu wenig hinterfragt, wofür er das Geld brauchte, das ich ihm gab. Hab mich stattdessen mit fadenscheinigen Erklärungen abspeisen lassen.

    Trotzdem hätte er natürlich früher die Karten auf den Tisch legen müssen - aber wie das so ist, je tiefer man sich in die Scheiße reitet, desto schwerer ist es auch, wieder rauszukommen, weil die Hürde, die man übersteigen muss, immer höher wird. Letztlich hat er sich ja dann doch offenbart, weil es ihm schlecht ging und er wusste, dass das Kartenhaus aus Lügen irgendwann zusammenfallen wird.

    Helga, Du sprachst als wichtige Voraussetzungen Umfeld- und Freundeskreis-Wechsel an - das hat er verstanden und sieht er auch so. In seinem alten Umfeld sitzt ihm seine Problematik praktisch direkt im Nacken. Da er schon in fortgeschrittenem Alter ist und weder Job noch Geld hat, wird es schwer - aber ihm ist klar, dass es nur so funktionieren wird, da rauszukommen, wenn überhaupt. Die Therapeuten dringen auch massiv darauf, was sicher richtig ist. Ob er es letztlich tatsächlich umsetzt, muss ich abwarten. Wie lief das bei Deinem Ex? Ist er geblieben, wo er war? Hamburg war das? Ohje...

    Finde klasse, wie konsequent Du Dich entschieden und gehandelt hast. Und Dein Leben lebst. Hoffe, Dir geht es gut damit und konntest auch innerlich Abstand gewinnen und blickst nicht mit zu viel Groll und Traurigkeit auf die Zeit zurück?

    Liebe Grüße, RunningFree

  • Liebe RunningFree,

    ich habe mit meinem Exfreund keinen Kontakt und bin auch momentan an dem Punkt, an dem ich das überhaupt nicht möchte. Im März hatten wir kurz nochmal mehr oder weniger vorsichtig freundschaftlichen Kontakt. Die Therapieeinrichtung hat ihm nicht zugesagt, aber seine Psychologin war so gut, dass er ihretwegen dort bleiben wollte. Da ist es dann aber wieder zu einem kleinen Eklat gekommen, der mir gezeigt hat, dass er seine Suchtverhaltensweisen so tief verinnerlicht hat und nach wie vor den bequemen Weg geht, die Schuld an jeder Kleinigkeit auf mich abzuwälzen, dass ich einen Schlussstrich gezogen habe. Ich möchte auch gar nicht, dass er sich nach Ablauf des Jahres nochmal meldet.

    Nach der Therapie muss natürlich Nachsorge stattfinden, die einen Rückfall auffangen oder im besten Falle verhindern soll. Die Patienten lernen auch Maßnahmen im Falle eines Rückfalls bzw. wenn sie merken, dass er sich anbahnt - also wenn sich z. B. solche Anzeichen zeigen, von denen ich in der vorherigen Antwort geschrieben habe.

    Ich weiß nicht wie es meinem Exfreund geht. Sein Plan war nach der Therapie (die müsste irgendwann Ende Juli vorbei gewesen sein) in eine betreute WG zu ziehen und dort sein Leben auf die Reihe zu bekommen. Diese WG wäre auch in Hamburg, aber weit von seinem alten Zuhause entfernt - zu beurteilen wie sinnvoll das ist, steht mir nicht zu. Er ist beispielsweise nicht bereit, den Kontakt zu seinem besten Freund abzubrechen, der ihn übrigens während der Therapie um Kokain gebeten hat, aber das ist eine andere Geschichte. Danach wollte er an den Stadtrand ziehen. In diesen Plänen hatte ich übrigens von Anfang an keinen Platz, auch dies ist ein Grund dafür, dass die Sache für mich gelaufen ist. Ich bin vor paar Tagen 29 geworden und will nicht noch Jahre auf jemanden warten, mit dem mir eine sichere Zukunft nie gegeben sein wird. Kinder könnte ich mit ihm nie haben und das widerspricht meiner Erwartung vom Leben.

    Was er übrigens von seinen Plänen umgesetzt hat, weiß ich nicht. Und ich mache es auch nicht mehr zu meinem Problem.

    Ich blicke momentan um ehrlich zu sein mal wieder durch die rosarote Brille zurück und muss mir dann immer aktiv vor Augen führen, wie wenig schöne Zeiten wir hatten und wie viele schreckliche. Das gibt mir dann wieder die Kraft, standhaft zu bleiben und den Abstand beizubehalten. Mir geht es besser ohne ihn, auch wenn das ziemlich blöd klingt und ich ihn nach wie vor liebe. Und so wie du es beschreibst, ist das bei dir ähnlich denke ich. Alleine nicht mehr die täglichen Sorgen zu haben, die einen belasten und lähmen, gibt mit so viel Leichtigkeit zurück. Ich bereue meine Entscheidung keinen Tag und bin stolz, so stark zu sein ??

    Übrigens: das mit der Motivation war bei uns auch Thema. Mein Ex meinte ja, ich solle bitte auf ihn warten, damit er weiterhin motiviert bleibt, die Therapie und Nachsorge durchzuziehen. Aber ganz ehrlich: nicht wegen anderen Personen sollen die das durchziehen, sondern wegen sich selbst. Damit legen sie uns eine nicht (er-)tragbare Bürde auf und das ist total unfair. Wenn er es ohne dich nicht will, hält er es dauerhaft auch nicht mit dir durch. ?

  • Was mich halt interessiert: Wie konkret verfahren Ärzte und Therapeuten in so einem Fall? Es gibt ja so etwas wie ein Rückfall-Management.

    Das kommt immer auf die Therapiestelle an ...

    Manche beenden sofort die Therapie und setzen den mehr oder weniger Probanden vor die Türe.

    Andere gehen das eben etwas liberaler an ...

    Ein dazugehöriges Management wird normal in der Therapie erarbeitet - zum Teil eben auch ein speziell auf den jeweiligen Patienten ausgerichtet.

    Aber letztlich muss der Betroffene selbst lernen, wann muss ich mich schützen, wann muss ich Unterstützung suchen und annehmen ...

    Man darf sich nicht vorstellen, da leuchtet ne Lampe auf der Stirn auf und dann rennen alle und schützen den Patienten :winking_face:

    Wenn man nicht den Begriff "Rückfall" verwenden will, dann kann es ja auch heißen - sollte keine Änderung erfolgen, werde ich diese Beziehung trotz Liebe nicht aufrecht erhalten können.

    Es soll ja auch keine Drohung sein, vielmehr ist es Klarheit, Ehrlichkeit!

    Dazu gehört aber auch die Konsequenz, passiert was für mich persönlich nicht tragbares - also ein länger anhaltender Rückfall - dann muss ich das Ganze beenden, wenn es auch noch so weh tut!!

    Wechsel von Umfeld und Wohnort ist zwar meist nötig, aber trotzdem kein Schutz - wer konsumieren will, der steigt nötigenfalls auch in den Flieger :winking_face:

    Daher mal generell die Frage: Habt Ihr eine Idee, wie man diese Gedanken gehen lassen kann?

    Du solltest dich in der Zeit nun wirklich um dich kümmern, dich neu entdecken und ausprobieren.

    Wenn du den ganzen Tag nur dran denkst - was muss ich noch tun, was kann ich machen - dann wirst nicht damit klar kommen und wieder in ne Art Co-Abhängig-keit abdriften.

    Und gibt es Warnzeichen für sich anbahnende Rückfälle und vielleicht auch Möglichkeiten, wie ich als Partnerin da irgendwie intervenieren könnte im Fall eines Falles - oder bin ich da eh auf völlig verlorenem Posten?

    Gibt es sicherlich, aber pauschal wird man da kaum ne Aussage machen können.

    Aber du kennst es doch, wie er reagiert, er zieht sich total zurück und verheimlicht alles :face_with_tongue:

    Wenn er nicht lernt damit offen umzugehen, also wenn sich was anbahnen könnte - dann bist du absolut auf verlorenen Posten.

    Ganz einfach gesagt - ich glaube, es kann nur klappen (also der Einstieg in die Beziehung), wenn ihr es wie ein neues Kennenlernen angehen könnt.

    Beide müssen sich von der Vergangenheit lösen, wenn das nicht möglich ist, ist es Zeitverschwendung!

    Aber das gilt ja generell für jeden neuen Anlauf bei Beziehungen - das hat nichts mit der Sucht zu tun.

    Grundsätzlich muss dir klar sein, du kannst nichts an seiner Situation ändern, nur an deiner.

    Du wirst keinen Rückfall verhindern können, das ist sein Job :baby:

  • Danke für Eure Worte und Einschätzungen. Es klingt alles andere als blöd, @HelgaHornbrille, dass es Dir nun ohne ihn besser geht, obwohl Du ihn noch liebst. Das ist das Dilemma in dem auch ich immer wieder gesteckt habe, und ich empfinde großen Respekt davor, wie Du das überwunden hast, mit welcher Klarheit Du seine Situation eingeschätzt und Deine Konsequenzen daraus gezogen hast. Das sehe ich auch als meine große Aufgabe gerade. Im Prinzip ist ja klar, wie es künftig nicht mehr laufen kann zwischen uns, aber ich muss es ihm gegenüber auch aussprechen und das dann auch umzusetzen.

    Das ist ja auch das, was Du ansprichst, Franz. Ich bin da bestimmt noch immer zu unsicher und vorsichtig. Andererseits denke ich auch, dass er sich in der Therapie vor allem erstmal mit sich selbst auseinandersetzen soll. Da gibt es genügend große Baustellen. Eigentlich muss er erstmal lernen, richtig zu leben, wie er selbst zurecht sagt. Wie wir dann zusammen weitermachen, sollten wir vielleicht erst im nächsten Schritt überlegen.

    Hast Du Dir eigentlich therapeutischen Rat geholt, Helga? Ich hätte den schon viel früher gebraucht, einfach jemanden, der mir hilft das alles Mal zu sortieren.

    Ich war vor langer Zeit ja schon einmal mit meinem Freund zusammen und stand damals vor dem Einstieg in den Beruf. Kinder waren für mich damals, mit Mitte 20, noch kein so großes Thema, aber auch ich wusste, dass ich mit ihm solche Pläne nicht umsetzen könnte. Deshalb blieb ich trotz meiner Gefühle innerlich immer auch ein wenig auf Distanz zu ihm. Als er mir dann damals klarmachte, dass er nach Heroin-Substitution auf Crack gekommen ist, hat mich das zwar zuerst total mitgenommen und ich habe schlimme Monate durchlebt, aber irgendwie war mir bald klar, dass ich ihn verlassen muss, wenn ich mit einigermaßen heiler Haut da herauskommen will. Letztlich habe ich das auch irgendwie hinbekommen.

    Spätestens da hätte ich mich wohl auch mit therapeutischer Hilfe mit dieser schwierigen Beziehung auseinandersetzen sollen, denn sie war trotz allem für mich nicht erledigt - es rumorte all die Jahre weiter, und ich konnte nicht damit abschließen. Auch ich hatte dabei i.mer wieder die rosarote Brille auf, aber viel stärker als Du vermutlich blendete ich die harten letzten Monate aus und schwelgte in den Erinnerungen an gute Zeiten. Auf dieser Basis bin ich vor zwei Jahren ein wenig kamikaze-mäßig wieder bei meinem Freund angekommen, für ihn völlig überraschend, und habe ihm gesagt, dass mich unsere damalige Beziehung noch immer nicht loslässt. Eigentlich unglaublich, ich hielt mich bis dahin für einen eher rationalen Menschen. Im zweiten Anlauf hab ich aber viele Probleme weit stärker verdrängt als damals. Habe mir wohl stur in den Kopf gesetzt, dass wir es zusammen schon schaffen Probleme und doch noch miteinander glücklich werden können - und dabei seine tiefgreifende Suchtproblematik mal eben weitgehend ausgeblendet. Erst gestern sprach ich mit einer Freundin über diese Lügen und wie er mich finanziell ausgenommen hat. Sie kann es nicht fassen, dass ich mich so grenzenlos naiv verhalten habe.

    Du hast natürlich Recht, dass die Motivation von ihnen selbst ausgehen muss und sonst die Therapie zum Scheitern verurteilt ist. In seinem Fall waren gesundheitliche Probleme ausschlaggebend, dass er sich in Richtung Therapie bewegt hat. Auch wenn man die niemandem wünscht, sehe ich positiv, dass er dadurch gemerkt hat, dass er etwas verändern muss.

    Bist Du denn auch ganz konkret und bewusst neue Dinge in Deinem Leben angegangen, einfach um Deinen Blick auf was Neues zu lenken, Helga? Oder schaust Du nun, was sich ergibt?


    Viele Grüße,

    RunningFree

  • Hallo Franz,

    nichts hält mich ab, außer vielleicht das organisatorische Problem, dass ich wöchentlich unterschiedliche und auch immer lange Arbeitszeiten habe, was feste Therapietermine erschweren würde. Aber das soll kein Hinderungsgrund sein, mir würden ja vielleicht für den Anfang schon mal zwei, drei Beratungsgespräche helfen. Erstmal steht demnächst ein Angehörigengespräch im Beisein meines Freundes in der Einrichtung an. Könnte mir vorstellen, dass das dann auch für mich in meinen eigenen Weg mündet, mich mit solchen Fragen auseinanderzusetzen wie:

    Warum bin ich gerade in die Beziehung mit diesem Mann so verstrickt, was hat das mit mir selbst zu tun, wie kann ich mich besser abgrenzen und Selbstfürsorge betreiben etc.

    Einmal editiert, zuletzt von Franz (13. August 2019 um 13:05) aus folgendem Grund: Beitrag angepasst, wie eben im Folgebeitrag berichtigt wurde ...

  • Hab es mal nach deinen Vorgaben korrigiert :winking_face:

    20 Minuten kannst aber selbst deine Beiträge bearbeiten - nur so zur Info ...

    Angehörigengespräche im Beisein deines Freundes, nun da wird nicht viel bei herum kommen - also für dich.

    Eine gute Gelegenheit aber, klar zu machen - wird des nix mit der Therapie, dann gibt es auch keine Rückkehr!

    Eine SHG wäre sicher auch eine Möglichkeit für dich, die beginnen oft erst später am Abend, manche sogar am WE.

    Aber da sollte klar sein, in welche Richtung dein eigenes Thema gehen soll.

  • Hallo RunningFree,

    bitte entschuldige die verspätete Antwort - manchmal muss man für dieses Thema den richtigen, gefestigten Moment abwarten :smiling_face:

    Ich hatte ja meinen Termin bei der Psychologin, die ich noch von meinem Bruder früher kenne. Zu ihr haben ich großes Vertrauen, weshalb ich mich relativ kurzfristig mit ihr getroffen habe. Sie hat mir in diesem Gespräch schon etwas die Augen geöffnet und mir Kontakte von anderen PsychologInnen gegeben, die auf meine Themen spezialisiert sind. Von diesen Kontakten habe ich mich dann drei mal mit einem sehr kompetenten Herren getroffen, der mich in der schwierigsten Phase sehr unterstützt hat. Ich kann jeder betroffenen Person nur raten, sich professionelle Hilfe zu suchen. Mir sind da nicht nur die Themen meines Ex, sondern auch meine eigenen sehr klar geworden und seitdem weiß ich auch, wie ich mit bestimmten Situationen umgehen kann und wie ich Dinge einschätzen kann. Momentan fühle ich mich nicht so, dass ich weitere Sitzungen brauche, weil ich mich einigermaßen gefestigt fühle - sollte aber eine längeranhaltende schwache Phase kommen, dann werde ich ihn wieder besuchen. Also ich denke, Selbsthilfegruppen sind ein guter Anfang für dich - wenn du aber auch an tiefergehenden Gesprächen interessiert bist, kann ich dir den Besuch eines/einer PsychologIn unbedingt ans Herz legen.

    Ich habe mich im vergangenen knappen Jahr so gut es nach einer Trennung und der ganzen Geschichte eben geht absolut auf mich selbst und meine Familie konzentriert. Konkret bin ich nun endlich meine Masterarbeit angegangen, die ich in den nächsten zwei bis drei Monaten abschließen möchte. Das habe ich mit meinem Exfreund immer wieder aufgeschoben, weil ich mich dazu einfach nicht in der Lage gefühlt habe.

    Männertechnisch bin ich absolut noch nicht offen, das ist mir bewusst geworden. Ich hatte zwei Dates, die auch Spaß gemacht haben, aber ich trage einfach noch zu viel Ballast mit mir rum. Es wäre nicht fair, jetzt was neues zu beginnen, obwohl ich weder emotional, noch seelisch bereit dafür bin - aber dem Ego hat's gut getan, mal wieder wie eine Frau behandelt zu werden :smiling_face:

    Wie geht es dir aktuell?

  • Hallo @HelgaHornbrille,

    vielen Dank für Deine Nachricht. Hab Dir persönlich via Konversationen geantwortet - einen guten Start in den Tag erstmal und viele Grüße,

    RF

  • Hallo Running Free

    Wie sieht es bei deinem Freund und dir aus hat er es geschafft ?

    Ich selbst war jetzt fast 12 monate in therapie es hat mir sehr geholfen aber es war halt eine käseglocke, die richtige erprobung kommt jetzt nach der Therapie und leider trennen sich auch oft Beziehungen meiner ist nach 10 Jahren wieder rückfällig geworden ...Und ich musste ob ich wollte oder nicht mich trennen um mich selbst zu schützen . Wie gehts euch jetzt ?

  • Hallo Krawallfee,

    danke für Deine Nachricht. Ich hab Deine Geschichte gelesen und einiges von dem Verhalten, das Du beschreibst, aus der Konsumzeit meines Freundes wiedererkannt. Kann mir vorstellen, wie es Dir geht. Für Dich bestimmt doppelt heftig, wenn Du selbst Therapie hinter Dir hast. Ich hoffe, Du findest einen guten Weg für Dich.

    Mein Freund hat den ersten Teil der Therapie hinter sich und geht jetzt in die Adaption. In nächster Zeit stehen Praktikum, Wohnungssuche, Umfeldwechsel, Jobsuche an. Gesundheitlich geht es ihm so mittel, er hat noch oft Schlafstörungen, auch depressive Phasen und wegen Gelenkproblemen oft Schmerzen. Die Ärzte probieren weiter wegen passender Medikation bei ihm rum.

    Bleibt also ein hartes Stück Arbeit. Ich hoffe sehr, dass er es packt, aber verlass mich lieber nicht zu sehr drauf, obwohl ich es so gern würde. Hab ihn in der Therapie eigentlich erst so richtig kennengelernt - er war ja bis zu der Entgiftung in diesem Sommer irgendwie nie wirklich drogenfrei, seit wir uns kennen. Ich frage mich oft, wie er das hinkriegt, wenn die Käseglocke mal weg ist. Er muss sich so viel neu aufbauen. Zehn Jahre, wenn ich das lese... Gut, dass Du Freunde hast, die Dich auffangen.

  • ja , ich hab ihn jetzt erst richtig kennen gelernt nach dem ab substituieren .....er war richtig gemein zu mir besonderst dann mit dem koks versucht mir immer irgendwie weh zu tun , aber er hat diesen weg gewählt und eine neue Frau an seiner Seite .Ich hab meine Hilfe angeboten das will er nicht dann soll es so sein und ich finde mich damit ab es ist doch einfacher Drogen zu nehmen .Adaption ist aber nochmal ein guter weg in den Alltag die Erprobung zu machen , das hab ich auch gemacht und bin clean geblieben , aber draussen ist wirklich ne andere Hausnummer.

  • Ja, draußen ist es anders. Was mir momentan am meisten Sorgen macht ist das Thema Wohnen. Nach den drei Monaten Adaption braucht er zwecks Umfeldwechsel dringend neue Wohnung. Aber ist ja kaum was zu finden, wenn Du nicht festen Job, geregeltes Einkommen etc. vorweisen kannst, jedenfalls hier in der Gegend. Wie hast Du das gemacht, Krawallfee ?

  • Hey ich bin in meinen Umfeld geblieben , aber bei mir ist das was anderes ich hab Auflagen vom Jugendamt damit ich meine 2 Kids wieder bekomme, aber das Problem kenn ich zu gut das iSt hier in der Adaption genauso, aber meistens haben die Therapeuten gute Vorschläge bei uns ist niemand gegangen ohne Wohnung ....

  • Hallo,

    gestern früh habe ich meinen Freund nach fast zehn Monaten Entgiftung, Langzeittherapie und Adaption aus der Klinik abgeholt. Er hat die Zeit "unfallfrei" überstanden und nach meinem Eindruck viel für sich mitgenommen. Unser Umgang miteinander war in der Zeit offen und ehrlich wie nie. Wir haben endlich Probleme angesprochen, zusammen Lösungen gesucht, statt sie zu verdrängen. Wir haben Paar-Gespräche wahrgenommen. Ein neues Kennenlernen - ich dachte, das haben wir geschafft.

    Wir sind guter Dinge dort gestartet gestern morgen. Das Abschlussgespräch mit der Therapeutin, an dem wir gemeinsam teilnehmen wollten, fiel leider flach, weil sie sich krank gemeldet hatte. Macht nix, sagte er, er werde es telefonisch nachholen.

    Auf der Heimfahrt haben wir die Zeit mit allen Höhen und Tiefen Revue passieren lassen und darüber gesprochen, wie es weitergeht. Er hat Termine bei ambulantem Therapeuten ausgemacht und sich um Nachsorge bei Drogenberatung gekümmert. Ich hab ihn bestärkt wo ich nur konnte. Gestern und all die Monate davor.

    Ich habe ihn dann bei ihm daheim abgesetzt, weil er kurzfristig was fürs Jobcenter erledigen wollte. Nachmittags wollte er bei bestem Wetter eine Fahrradtour zu mir machen. Wir haben vormittags nochmal kurz telefoniert und er schrieb mir später noch zwei liebevolle Nachrichten. Nachmittags kam er nicht und war auch nicht telefonisch erreichbar. Bin spät abends mit mulmigem Gefühl zu ihm. Er ging nicht an die Tür, der Schlüssel steckte von innen, die Klingel war abgestellt. Alles wie früher. Und so ist es bis jetzt.

    Er hat bis zum Tag seiner Entgiftung gekokst und ich befürchte, er hat gestern nahtlos weitergemacht. Willkommen in der Wirklichkeit. Ein Happy End ist nicht in Sicht.

    Vermutlich gibt es nicht viel dazu zu sagen, aber ich bin trotzdem für jedes aufbauende Wort dankbar. Und ich hab es trotzdem aufschreiben wollen, um mit diesem eisigen, leeren Gefühl fertig zu werden. Mein ganzes Auto ist noch voll mit seinen Sachen, die ich ihm abends eigentlich bringen wollte.

    Sein Therapeut sagte mal zu mir, wenn er rückfällig wird, entscheidet er sich für die Droge und gegen die Beziehung. So hart und so einfach ist es.

    Macht's gut und passt auf Euch auf,

    RF

  • Servus,

    ich fürchte, ich habe ihr wenige aufbauende Worte für dich, zumindest was deinen Freund angeht :frowning_face:

    Sein Therapeut sagte mal zu mir, wenn er rückfällig wird, entscheidet er sich für die Droge und gegen die Beziehung. So hart und so einfach ist es.

    Vermutlich hast du dir hier selbst die Antwort schon gegeben, wobei natürlich jederzeit noch ein Umdenken stattfinden könnte.
    Dies müsste aber sofort geschehen, ansonsten ist zu befürchten, dass es vielleicht noch schlimmer wird als es bisher war.
    Natürlich hat er diese Entscheidung getroffen, er wurde ja nicht dazu gezwungen, dennoch muss man klar sagen, so ein Rückfall ist meist nicht geplant und ich bezweifle ob man dazu eine freie Entscheidung annehmen sollte.
    Jetzt aber muss er wirklich sofort reagieren, ansonsten schade sehr schlecht aus und nur eine erneute (eigentlich sofortige) Therapie könnte das Schlimmste noch verhindern!

    Da er scheinbar aber mit dir keinen Kontakt aufnehmen kann oder will (ich weiß aus eigener Erfahrung wie kacke man sich fühlt, man weiß ja genau was man angestellt hat), hoffe ich für dich das du nun ganz konsequent Abschottung betreibst.
    Jeder weiß dass dies passieren kann, trotzdem solltest du nun nicht seine Abladestelle werden, dafür gibt es die Nachsorge oder eben Suchtberatung.
    Ich denke jetzt helfen wirklich nur klare Aktionen und Ansagen, entweder er kümmert sich sofort um Unterstützung und stellt den Konsum ein oder es sollte sich bei dir nicht mehr melden.
    Um der ganzen Sache vielleicht etwas Nachdruck zu verleihen, würde ich euch seine Sachen in Umzug Kartons verpacken und ihm vor die Türe stellen.

    Du hast Monate ohne ihn gelebt und bist gut zurecht gekommen, ich wünsche dir gute Entscheidungen und ein Händchen dafür, wie du jetzt für dich sorgen kannst.
    Pass auf dich auf und damit meine ich ausnahmsweise nicht diesen verdammten Virus (in der Hinsicht versteht sich ein aufpassen sowieso von selbst)!

  • Danke, Franz, für Deine klaren und ehrlichen Worte. Ich habe gestern kurz mit seinem Bezugstherapeuten telefoniert, der mir geraten hat, ihm zu eine Frist zu setzen und dann den Notarzt zu verständigen, wenn er gar kein Lebenszeichen von sich gibt. Es könne ja auch sein, dass ihm was passiert ist oder er suizidal ist. Darauf hat er dann mit einer knappen Nachricht reagiert - kurz nach Ablauf der Frist. Es tue ihm leid, ich solle mir keine Sorgen machen, sein Kopf... Ich bin auch sicher, dass es ihm Scheiße geht, genau so wie Du es beschrieben hast - er hat mir oft genug von seinem Selbsthass erzählt. Aber hilft ja nix.

    Ich habe ihm jetzt dringlich gebeten, sich Hilfe bei Drogenberatung, Klinik oder Telefonseelsorge zu suchen und nicht damit zu warten. Hab ihm heute auch noch die Durchwahl des Therapeuten gegeben - alles schriftlich, mit mir reden will er ja nicht, und vielleicht ist es gerade auch besser so. Damit lasse ich es jetzt bewenden. Die Sachen stelle ich ihm morgen vor die Tür.

    Mich gegen ihn abschotten muss ich im Moment nicht - er vergräbt sich ja eh. Wie das in einigen Tagen aussieht, werde ich dann sehen. Klar ist, dass es für mich kein Zurück in die "alte" Beziehung gibt. Das ist echt kein Leben.

  • Hab jetzt einige Gespräche für mich geführt und sehe manches klarer. Was bleibt ist die Angst, dass er hinter verschlossenen Türen kollabiert oder sich was antut. Das nimmt einem kein Gespräch, da steckt man als einzig nahestehender Mensch in nem riesen Dilemma. Klar ist letztlich alles seine Entscheidung - das kapiert auch mein Verstand. Aber damit zurechtkommen ist eine andere Hausnummer. Hab ihn auch zwischendurch kurz gesehen, weil ich ihm seine Sachen gebracht hab. Nach fast zwei Wochen mit Konsum und Rumlungern in der verbarrikadierten Wohnung. Er sah schlimm aus und stand ziemlich neben sich. Alles noch seine Entscheidung? Oder doch Fall für den Notarzt? Ich weiß es nicht...

  • Alles noch seine Entscheidung? Oder doch Fall für den Notarzt? Ich weiß es nicht...

    Ja, seine Entscheidung!

    Notarzt wird da kaum was machen können, solange es eben nicht zum behandlungsfähigen Notfall kommt.

    Ich wünsch dir einfach mal paar Tage, bei denen du wenigstens bisserl andere Gedanken erleben kannst.

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