Liebe Mitglieder,
Ihr glaubt gar nicht wie wichtig und toll ich dieses Forum finde. In meiner Verzweiflung habe ich nach bestimmten Wörtern gegoogled und bin hier her gekommen. Alleine die ganzen Erfahrungen sind so viel wert. Danke! Danke! Danke!
Kurz zu mir - bin männlich, 30 Jahre alt, stehe beruflich und familiär voll im Saft. Wie zur Hölle bekommt man es in dieser Konstellation hin, über Jahre Tablettenabhängig zu werden? Die Antwort vorweg genommen : sehr leicht. Internet plus Naivität gaben dann den Rest..
Dieses kleine Tagebuch wird mich mein Leben lang begleiten. In schweren Zeiten werde ich den link öffnen und es mir zu Herzen nehmen. Zu Herzen, wie sehr ich gerade leide. Damit ich nie wieder in diese Situation komme.
Ich führe seit ca 2 Jahre ein Logbuch, sodass ich zum Glück meine KOMPLETTEN Daten nachlesen kann. Wie alles (schon weit davor, aber ab da protokolliert) sein Unheil nahm.
Sorry für diese Theatralik und ACHTUNG ⚠!
Der erste Post wird sehr lange, eine totale Offenlegung, was schief lief bei mir. Warum? Vielleicht erkennt sich jemand wieder (so wie ich in diversen Erfahrungsberichten). Hoffentlich bevor die - oder derjenige mit dem Blödsinn startet.
Angefangen hat das alles in meiner Kindheit (u don't say? 😅).
Meine Eltern waren zu stolz einzusehen, dass ich eigentlich therapeutische Hilfe als Kind benötigt hätte. Ich war immer schon verhaltensauffällig. Die Schulzeit ist für mich die absolute Hölle gewesen. Ich hatte - niemals offiziell diagnostiziert, aber da ich mich in Themen wie Psychologie, Pharmakologie usw. Über Jahre eingelesen habe, wage ich mir dies selbst zu attestieren, es wird nämlich niemand in diesem Leben mehr machen - ADHS.
Ich quälte mich also durch die Schule.
Jeder Lehrer wiederholte überfordert meinen Eltern, dass ich ja eigentlich gar nicht so doof bin (etwas überspitzt, habe aber trotz Abi niemals wirklich gelernt), aber doch bitte verschwinden soll um andere Kinder nicht am lernen zu behindern.
Kann ich vollkommen nachvollziehen. Jetzt, als Vater von zwei Kindern, wird mir erst wirklich Tag für Tag bewusst wie anstrengend ich für meine Eltern und Lehrer war. Alte Videoaufnahmen sind für mich Horrorfilme.
Alles änderte sich 2010. Hier lernte ich als jugendlicher meine heutige Ehefrau kennen. Die Person, die es geschafft hat, dass ich gerade aus gehe statt wie sehr viele Kinsheitsfreunde in JVAen oder Psychiatrien zu landen (gemäß meiner Rechnung bis jetzt : schlechte Noten, schlechter Umgang und adhs).
Ich trank meinen ersten Schluck Alkohol mit über 20, ich habe bis heute nie Zigaretten geraucht. Vor allem aus Respekt und Furcht meinen Eltern gegenüber. Das war ein weiterer Fehler - mit 21 war es dann auf ein Mal interessant, Spice - ähnliche Präparate online zu bestellen - kam da grad in Mode, es wurde in meiner Umgebung gefeiert (Dorf, wenig Cannabis verfügbar) und zelebriert. Von den Horrorvideos und Infos damals? Keine Spur. Beim letzten Konsum dieses Drecks wurde ich über einen halben Tag nicht mehr klar im Kopf. Ich habe auf meine kleine Schwester (damals ca 5 Jahre alt) aufpassen und kam einfach nicht mehr auf der Erde an. Wie zubetoniert. Dieses Horrorerlebnis war das endgültige Ende von solch artigen Experimenten. Hatte auch keinen Bedarf mehr.
Nächste Station : Berufsausbildung. Es war die Hölle. Ich wurde ausschließlich als sehr billige Arbeitskraft mißbraucht. Nichts gelernt, viel Streit mit Kollegen, deren Eignung ausschließlich das herunterbuttern von Azubis war. Nein - diese Arbeit war nichts für mich. Dennoch quälte ich mich durch die 2,5 Jahre Ausbildung und schloss erfolgreich ab. Danach startete ich eine zweite, deutlich "höhere" Ausbildung. In diesem Beruf stehe ich nach 5 Jahren immer noch. Solche Bauchschmerzen, morgens in die Arbeit zu müssen, hatte ich nie wieder.
Nächste Station: los geht's!
Das drum rum stand also. Beruf, Verdienst, Frau - es fehlten nur noch Kinder, um mein Traumleben zu leben.
Der erste (und dieser steckt noch bis heute in mir) Sargnagel war ein guter Onlinefreund. Wir hörten die selbe Musik, und diese Musik hören eher wenige und die wenigen sind kriminell, "Junkies", beides und noch mehr. 1% würde ich als normal bezeichnen. Und dieses eine Prozent sind tolle Leute: Lehrer, Ingenieure, Verkäufer - Leute mit beiden Beinen auf dem Boden.
Dieser eine Freund eröffnete mir, er wäre seit Kindheit an schwerst an adhs erkrankt und wird mit unfassbar vielen Medikinet Tabletten "ruhig gestellt". Ich las im Internet, was das war. Da ich grade in dieser "höheren" Ausbildung unter akutem Stress stand (letzte Chance, du bist schon so alt, willst du nicht langsam mal Kinder?) und natürlich über keinerlei Selbstbewußtsein was lernen angeht verfügte, klang das Missbrauchspotential von Medikinet doch interessant. Mehr Konzentration usw. - ja, genau was ich brauche. Also dem oben erwähnten Freund geschrieben, aber natürlich um nichts gebeten, nur meine Probleme bzgl lernen mitgeteilt. Er bot mir aus falscher Freundlichkeit (?) eine gewisse Anzahl dieser Mittel an, 15 Stück oder so. Ich probierte es, als ich für die Aufnahmeprüfung gebüffelt habe und es war geradezu fantastisch.
Ich verkürze nun - ich kaufte ihm über 3 Situationen Medikinet ab und ich verdankte der ganzen Sache viel. Ich meinte, nur das Mittel hätte mich durch die Ausbildung gebracht.
Gegen Ende der Ausbildung war es unerwartet so weit - Schwangerschaft, Glückseligkeit. Medikinet wurde aufgegeben, da ich bei der letzten Nutzung akute Nierenschmerzen bekam.
Da war die Büchse aber offen. Es gibt also Medikamente, die vereinfachen dir also das Leben? Hm, spannend. Es läuft also über ein Jahr alles nach Plan. Mein oben erwähnter Kumpel jedoch kommt immer tiefer in einen Drogensumpf. Ich kann nur mit anschauen, wie er sich mehr und mehr abschießt - sein Ding wurden RCs. Gruselige Vorstellung. Erinnerungen an Spice und Co. Niemals. In dieser Zeit erhielt ich Zugang zu Valium und wollte natürlich sehen, was daran so interessant war. Für mich jedenfalls nix. Er postet jedenfalls fragwürdige Sprüche bzgl Heroinkonsum. Ich versuche ihn wachzurütteln. Er stirbt 2019 an einer Überdosis, nachdem er wegen einer Überdosis RCs aus dem Krankenhaus kam. Ich werde ihn nie vergessen. Möge seine geschundenen Seele im Himmel ruhen. Auch wenn meine Probleme ohne ihn niemals passiert wären - ich käme nie auf den Gedanken, die Schuld bei ihm zu suchen. Man konsumiert immer eigenverantwortlich..
Wie begann meine fatale Beziehung mit Tramal?
2018 hatte ich starke Schmerzen und bekam Tilidin verschrieben. Ich hielt die Schmerzen kaum aus und schmiss mir ohne Erfahrung mit Opiaten zu besitzen ganze 3x150mg rein. Ich erlebte die komischste Nacht meines Lebens - ich atmete so langsam, diese Schmerzen... Aber es tat auf eine komische Art und Weise gut. Man war nicht belastet. Gefühle von Schwerelosigkeit.
Den nächsten Tag verbrachte ich zwischen Klo und Bett - ich war dermaßen durch. Komischerweise entwickelte sich eine Übelkeit auf Tilidin, sodass ich nicht weiter konsumierte, selbst bei Schmerzen.
Bei einer anderen Gelegenheit (man darf schon sagen: Die Schmerzen kamen mir gelegen...) erhielt ich Codein - auch hier rebellierte mein Körper immens (Achtung! Ohne Gallenblase bloß kein Codein nehmen!).
Als letztes orderte ich erstmals tramal aus dem Internet - ich wollte nicht mehr beim Arzt "betteln". Und es kam wie es kommen musste - der erste Konsum war ein Traum. Ein High, welches ich so nie wieder erlebt habe. Als würde man abheben. So wie man sich im Film Heroinkonsum vorstellte, so war meine erste Erfahrung mit Tramal.
Von 2018 an konsumierte ich jedes Wochenende tramadol. Ich checkte immer wieder nicht warum Montage das schlimmste für mich waren. Depressionen, ja fast schon Tränen der Traurigkeit ohne Grund. Im Nachhinein war es der Überkonsum von tramadol. Wie naiv muss man sein diesen Zusammenhang nicht zu verstehen.
Nächste Station : jetzt geht's richtig los!
Ein mal. Ein verdammtes mal nahm ich Tramadol während der Woche. Dann noch mal. Dann war mein "Ende" besiegelt. Es wurde maßlos. Es wurde teuer. (jeden Monat 150 Euro - und es reichte nie den ganzen Monat). Es machte auch gar keinen Spaß mehr. Die Synapsen waren so satt mit Tramadol, dass es zum Alltag mutierte, morgens und mittags (und am Wochenende noch mal) eine Tablette rein zu werfen. Der bekannte Weg nach unten halt. Spätestens als meine Frau immer wieder meine Laune (ich weiß nicht ob sie nichts mitbekam oder nicht mitbekommen wollte. Ich liebe sie unendlich, ganz egal) kritisierte (zurecht! Jedes Mal, als ich mein Logbuch schrieb, hieß es "wieder nerviger, anstrengender Tag", "wieder unzufrieden mit der Wirkung, wozu nehme ich das" etc), entschied ich, dem Konsum ein Ende zu bereiten. Es wurde nur noch zur Bürde, in jederlei Hinsicht, körperlich, psychisch. Ich war zum Ende so ausgelaugt. Aber das dicke Ende kommt ja noch.
Nun sitze ich da. Einen mächtigen Text, den die meisten nicht mal lesen werden - völlig verständlich -, aufgesetzt.
Ende part 1.