Trauer - Gehen lassen

  • Meine Tante ist vor gut sechs Monaten an Karfreitag gestorben und seitdem beschäftigt mich dieses Thema. Ich habe schon immer schwer mit Trauer umgehen können oder einen verstorbenen Menschen los lassen können. Das war auch einer der Gründe, als ich das erste Mal in Therapie gehen musste.
    Sie war für mich ein sehr wichtiger Mensch, weil sie einfach da war. Ich wusste, wenn ich Hilfe brauche oder einfach jemanden, ist sie immer da. Wir haben so unglaublich viel Spaß miteinander gehabt und mit ihr war Weihnachten nie langweilig. Ich werde ihre Erzählungen über ihren Australienurlaub nie vergessen. Sie ist einmal fast 300 km gefahren, nur um auf die nächste Toilette zu gehen, weil sie in der Wildnis nicht konnte. Von mal zu Mal wurden es mehr Kilometer und am Ende wusste keiner mehr, wie weit es nun wirklich gewesen ist. Eigentlich war sie noch nicht einmal meine Tante sondern die beste Freundin von meiner Mama, aber ich habe sie kurzerhand zu ihrem 50. "adoptiert".
    Sie hat schon früher einmal Krebs gehabt und 2005 ist er dann wieder ausgebrochen. Die Ärzte haben ihr immer wieder unterschiedlich gute Chancen diagnostiziert, von noch lange leben bis hin zu nur noch zwei Jahre. Es war so viel besser geworden. Sie hat das Rauchen aufgegeben, weil sie leben wollte und so hart gekämpft. Es sah so aus, als hätte sie es fast geschafft und dann ging's ganz schnell. Innerhalb von zwei Tagen ist sie gestorben.

    Ich komme einfach nicht drüber hinweg. Darüber zu reden ist eine Qual und jede Erinnerung und jedes Foto lassen es unwirklicher erscheinen. Selbst wenn ich an ihrem Grab stehe, erscheint es mir so unwirklich und weit weg. Ich muss mich jedes Mal daran erinnern, dass es Realität ist. Ich habe auch schon versucht mit meinem Therapeuten darüber zu sprechen, aber er konnte mir nicht wirklich weiter helfen. Es frisst mich immer mehr auf und es schmerzt so unglaublich.
    Manchmal wissen andere 'Betroffene' eher Rat als Therapeuten, die es von der therapeutischen Seite her betrachten. Deshalb wollte ich euch fragen, wie ihr mit Trauer umgeht? Wie lässt man los? Wie akzeptiert man, dass jemand nicht mehr da ist und nie wieder da sein wird?

    Ich hoffe, dass es mir vielleicht weiter helfen kann.
    Danke

    Würmchen

  • Hallo,
    ich bin seit 18 Jahren Witwer & am Anfang naja, brach es mich fast entzwei!
    Ich habe mir immer vorgestellt, das es wichtig ist die Seele meiner Frau gehen zu lassen, damit es ihr leichter fällt, dahin zu gelangen, wo sie jetzt nun einmal hingeht!
    Egal, was wir darüber denken, wir WISSEN es halt nicht wirklich...
    Ich sagte ihr also innerlich immer wieder, dass es mir weh tut, dass es nun mal aber so ist, wie es ist & dass ich klar komme; sie könne also beruhigt weitergehen!
    Ich dankte ihr immer wieder, für alles, was wir zusammen hatten & versprach ihr, dass ich versuchen werde, das leben wieder lebenswert für mich zu gestalten.
    Und dass es immer einen großen Platz in meinem Herzen für sie gibt; eagl, was geschieht!

    Und weißt du was?
    Ich brauchte lange, (ich kannte sie 15 Jahre; 11 davon waren wir zusammen.Als sie starb, war ich frad mal 30 jahre alt!), aber es ist immer besser geworden & es kam alles so, wie ich es ihr versprach!
    Es ist so schön, so etwas erlebt zu haben; solche Erinnerungen zu haben!
    Aber ich lebe, ich liebe und ich gebe gerne zu, dass ich jetzt beim Schreiben einen dicken Kloß im Hals habe...

    Verabschiede dich in Liebe von ihr...Pflanz ein Bäumchen für sie; zünde ab und an mal eine Kerze für sie an; denke in Liebe an sie.....aber sag, du kommst klar & dass sie gehen kann...

    Es gibt die Theorie, dass ALLES, was existiert, Energie ist.
    Wenn dem so ist, kann nichts verloren gehen & wir sind auch immer ständig mit allem verbunden. Ich finde das tröstlich!

    Ich hoffe, das war dir jetzt nicht zu schmalzig oder abgedreht...

    Ich schick die ganz viel positive Energie & vielleicht treffen sich unsere Lieben gerade irgendwo im Universum und lächeln über uns....

    Mach weiter." Aus Trauer mach Power" Ganz lieb.Ganesha.

  • Hey ganesha,
    danke für deine liebe Antwort. Es klingt immer alles so einfach, aber wenn man etwas umsetzen will, ist es unglaublich schwer. Mein Therapeut hatte mir auch vorgeschlagen, einen Brief an meine verstorbene Tante zu schreiben, um so Abschied zu nehmen. Aber nicht einmal das schaffe ich, weil ich dann akzeptieren müsste, dass sie tot ist. Aber genau da liegt das Problem, ich kann und will es nicht akzeptieren und das macht alles so schwer. Vielleicht brauche ich noch Zeit. Ich weiß es nicht. Ich werde mir wohl heute mal Zeit nehmen müssen und in Ruhe über alles nachdenken. Auch über deinen Rat.

    Vielen Dank noch mal und liebe Grüße vom Wurm

  • Ich geb dir mal' nen Link zu einer Seite, die sich mit sowas beschäftigt...
    War da auch schon einige Male; 2 mal hatte ich das Glück, im dortigen Chat auf den passenden Gesprächspartner zu treffen...

    Das hilft übrigens auch: Lies Bücher zum Thema; google dir Seiten über Tod, Seelenwanderung etc...auch wenn du dich dazu zwingen mußt...Die Beschäftigung mit der Thematik hilft dir beim Akzeptieren...Geh mal in einen Gottesdienst.
    Ich bin gewiss kein Kirchenfreund; ich mag diese Institution nicht besonders - aber die Athmosphäre in den Kirchen kann viel auslösen; da wir durch unsere Erziehung so geprägt sind...
    Führe ein TB; in Handschrift...Das macht vieles bewußt...

    https://www.suchtundselbsthilfe.de/www.verwitwet.de

    @Moderator: Ich hoffe, das ist okay.Ist ja keine Eigenwerbung...Ach, ich schick den Link nochmal per PN; dann könnt ihr's gegebenenfalls rausnehmen...

    LG.Ganesha.

  • In meinem Leben sind in den letzten vier Jahren wahnsinnig viele Menschen gestorben, die mir sehr sehr viel bedeutet haben - den traurigen Höhepunkt bildete der Tod meines Vaters im August 2006 nach zweijähriger Krebserkrankung.
    Unser Verhältnis war in den letzten Jahren nicht sehr gut und wurde erst in den letzten Wochen vor seinem Tod wieder besser.
    Er fehlt mir sehr, aber ich "trauere" nicht mehr um ihn. Er hat ein Jahr gekämpft, ich habe gesehen, wie sehr er gelitten hat und am Ende war es gut für ihn. Er fehlt mir jeden Tag, jede Stunde, jede Minute. Er kann nicht mehr miterleben, was ich mache, wie ich lebe, was ich in den letzten zwei Jahren alles erreicht habe.
    Wenn er mir besonders fehlt, dann höre ich Musik, die Lieder, die wir bei seiner Beerdigung gespielt haben, schaue mir Bilder an. Ich erlaube mir, dann auch traurig zu sein und ihn zu vermissen. Ich spreche mit ihm, erzähle, was in mir vorgeht, was ich erlebt habe...
    Aber im Endeffekt ist alles gesagt. Bei uns ist nichts ungesagt, nichts offen geblieben. Wir hatten noch die Zeit uns auszusprechen und es war gut so. Vielleicht konnte ich ihn deshalb loslassen.

    Nimm dir Zeit zum trauern - dazu musst du deinen eigenen Weg finden, niemand kann dir helfen. Du kannst einen Brief schreiben - oder einfach so drauflosquasseln, wie ich (man kommt sich auch nur am Anfang total dumm dabei vor). Du kannst dir dafür extra Zeit nehmen oder die Trauer im Alltag integriert ausleben. Du wirst deinen Weg schon finden... manchmal dauert es seine Zeit, bis man lernt, zu akzeptieren, dass man die Welt nicht ändern kann...

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