4 einhalb Jahre legal mit Benzodiazepinen

  • Nach langem suchen habe ich nun auch im deutschsprachigem Raum eine website gefunden, wo ich meine Erfahrungen niederschreiben kann! Dass freut mich sehr¨!

    Mein Dilemma begann Ende November letzten Jahres, nachdem ich nach viereinhalb Jahren mit Prazepam 5 mg/Tag aufgehört habe. Die Motivation dazu kam von mir selbst, obwohl selbst meine àrztin meinte, warum ich es denn nicht weiternehmen wolle? Es riecht keiner, es weiss keiner und somit sei es ok!!
    Ich aber wollte nicht mehr und so lies ich mich auf etwas ein, von dessen Auswirkungen ich im Voraus keine Vorstellung hatte.

    Wie erwähnt, nahm ich über vier Jahre täglich Prazepam 5 mg /Tag.
    Im Herbs 08 versuchte ich so mirnichts dirnichts die Pille einfach wegzulassen. Nach sieben Tagen und Nächten ohne Schlaf, dachte ich verrückt zu weren. Mein Kopf fühlte sich aufgeblasen als wäre er ein Ballon und ich hatte ein sehr lautes Pfeifen in den Ohren.Als ich daraufhin einen Arzt anrief, riet mir dieser sofort wieder von dem Zeug einzunehmen, da das abprupte Absetzen sehr gefährlich sei.
    Ich nahm meine Pille wieder ein und Ende November 08 musste ich mir eingestehen, dass ich alleine davon nicht loskomme. In bester Absicht ging ich stationär auf die Kriseninterventionsstation der hier ansässigen Psychatrie wo man mir von heute auf Morgen das Benzodiazepin absetzte und mir statt dessen truxal bis 150 mg/Tag gab. Nach drei höllischen Wochen(Schlaflosigkeit, schwere Depression, brennen unter der Haut, zeitweise dem Gefühl es schnürt sich mir der Hals zu etc) wurde ich entlassen, da ich mich laut àrzten nicht mehr in einer Krise befand!

    Am 23. Dez. 08 wurde ich auf eigenen Wunsch von meiner àrztin in eine psychiatrischen Privatklinik eingewiesen, welche angeblich zu den besten hier im Land gehört.
    Das truxal wurde schrittweise und nicht gerade soft herunterdosiert und erst in dieser Zeit traten die Entzugserscheinungen vom Benzodiazepin richtig in den Vordergrund. Rauschen im Kopf, Doppelbilder, Hallunzinationen, Derealisation(Unwirklichkeitsgefühl, als wäre ich wie durch Glas von der Realität getrennt......als würde ich die Welt durch den Boden einer gläsernen Flasche wahrnehmen, needels and pins....brennen unter der Haut.....Schlaflosigkeitet und vieles mehr!!)
    Kognitiv einigermassen klar hatte ich grosse Angst, überzuschnappen, verrückt zu werden!! bei meinen Therapiegesprächen erzählte ich diese Phänomene wieder und wieder meinem Arzt doch statt Verständnis, Erklärung oder Hilfe zu bekommen wurde bis zum Abwinken in meiner Biographie gebohrt und meine Depression gesehen. (In der ich bis zum Hals steckte)
    Ich fühlte mich total allein, hilflos und wie gesagt, dachte ich in diesen Wochen verrückt zu werden. Ich machte mich auf Suche im internet und fand auf englischen Seiten heraus, dass all diese Symptome welche ich hatte, kein Anzeichen eines VERRÜCKTWERDENS waren, sondern typische Entzugserscheinungen von Benzodiazepinen!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
    Diese Tatsache beruhigte mich in dem Sinn, da ich nun endlich wusste, was da eigentlich mit mir vorgeht!!!

    Seit gut einer Woche bin ich nun aus der Psychiatrie wieder zuhause. Mein dreimonatiger Aufenthalt dort, war in der Art hilfreich, dass Zeit verging und ich in einem geschützen Rahmen war. Zum Verständnis meiner Problematik, wie damit umgehen oder auch coping-strategien von ärztlicher Seite zu erhalten, dazu hat der lange Klinikaufenthalt nichts beigetragen. Alles was ich bisher über meine Situation in Erfahrung bringen konnte habe ich mir aus dem Net gezogen.

    Mittlerweile sind vier Monate vergangen, seit ich die letzte Pille nahm. Vier Monate, deren Ausmass und Tragweite ich nie zuvor für möglich gehalten hätte-Mein gesammtes Leben hat sich gewendet, in jedem Bereich. Ich bin nicht arbeitsfähig und versuche meinen Alltag einigermassen geregelt auf die Reihe zu bekommen. Vielmals während dieser Monate war ich kurz vor dem Suizid. Doch das denken an die Menschen, welche mich liebhaben, sowie mein glaube an mich und das Teilen der Erfahrungen und des Erlebens mit Personen in ähnlicher Situation haben mich bisher durchhalten lassen. Manche meiner Entzugssymptome sind abgeklungen..........andere tauchen auf.................Zeit und Verständniss sind die einzigen Faktoren, welche wirklich unterstützen.

    Alles in Allem ist es horrend erschreckend, wie verantwortungs-und skrupellos Benzodiazepine unter das Volk gestreut werden und nicht mal Kinder werden verschont. Es ist die härteste Droge, welche auffindbar ist und zudem noch legal!!!!
    Ich habe diese meine Geschichte hier niedergeschrieben, um allen Leuten da draussen, welche mit Benzo`s zu tun haben zu sagen: LASST DIE FINGER DAVON!!!!
    Aber auch um Anderen in ähnlicher Situation Mut zu machen und zu zeigen: DU BIST NICHT ALLEIN!!!!

    LG

    Leon

  • Hallo,

    eines würde mich interessieren: erkundigst du dich nie über die Medis, welche du verschrieben bekommen hast? Soll jetzt kein Vorwurf sein, aber wenn ich ein neues Medi bekomme, erkundige ich mich genau über Risiken etc.:18:

    Ich bin übrigens auch Benzoabhängig, aber sehenden Auges in die Sucht gerutscht.

  • Hallo Leon,
    dein ehrlicher und offener Bericht hat mich sehr berührt, und mir liegt jetzt daran, dir einfach DANKE zu sagen.

    @ Lovehate, ich muss gestehen: mir ist es auch egal, was die Ärzte mir verschreiben, hauptsache es hilft mir.

    LG Nebula

  • Zitat von nebula;107133


    @ Lovehate, ich muss gestehen: mir ist es auch egal, was die Ärzte mir verschreiben, hauptsache es hilft mir.




    Ich bin diesbezüglich halt anders, weil ich der Ansicht bin, zur Eigenverantwortung gehört einfach auch, dass man sich erkundigt und nicht einfach davon ausgeht, dass es der Arzt schon wissen wird.

  • Lovehate, ich finde, du machst es dir ein bischen einfach. Es ist doch normal, dass man einem Fachmann zutraut, dass er seinen Job richtig macht. Du kannst kaum erwarten, dass wir als Patienten erst mal alle ein Medizinstudium abgeschlossen haben müssen, um genau zu verstehen, welche Wirkweise manche Medikamente haben. Wenn wir alle dieses Wissen hätten, bräuchten wir wohl kaum noch Ärzte. Mal anders, weisst du genau, was ein Handwerker wirklich tun muss, wenn du ihn benötigst?

    LG, alive

  • Da hast du mich wohl gründlich missverstanden!

    Wenn man in Behandlung ist und ein neues Medikament bekommt, fragt man doch eigentlich den Arzt, was für Risiken und Nebenwirkungen bestehen, oder?

    Und wenn man vom Arzt keine eindeutige Information bekommt, kann man ganz einfach im Internet den Namen des Medis eingeben. Somit erfährt man dann auf alle Fälle, zu welcher Stoffgruppe es gehört bzw. ob es süchtig machen kann.

    Es gibt also keinen Grund, mich hier anzumotzen.

  • P.S.: Und was ist mit den Waschzetteln? Lest ihr die auch nicht? Ich will hier wirklich niemanden angreifen, ich sag nur meine persönliche Meinung - ich finds halt einfach etwas naiv, sich nicht etwas näher mit dem auseinanderzusetzen was man schluckt.

  • Ich habe dich nicht angemotzt, ich habe meine Meinung gesagt. Und das lass ich mir bestimmt nicht von dir verbieten.

    Im übrigen lese ich immer die Packungsbeilagen, weil ich verstehe, was darin steht. Ich kann aber auch sehr gut nachvollziehen, warum sich viele Menschen nicht durchlesen wollen, was darin steht, weil sie es a) zum Teil vielleicht nicht verstehen, was da alles steht und b) damit rechnen, dass ihr Arzt den Nutzen dieses Medikamentes gegen dessen Nebenwirkungen abgewogen hat.

    Du solltest mal darüber nachdenken, weshalb du hier User, die anders handeln als du, als naiv bezeichnest.

  • Wie auch schon nebula andeutete ist der Leidensdruck manchmal so hoch, dass es einem mitunter völllig egal ist, welche Nebenwirkungen auftreten könnten, man will einfach nur, dass es aufhört, dass es einem besser geht!!!!

    Im übrigen hätte es in Leons Fall ja wohl wenig Sinn gemacht die Ärztin zu fragen!!!!

    Zitat

    Mein Dilemma begann Ende November letzten Jahres, nachdem ich nach viereinhalb Jahren mit Prazepam 5 mg/Tag aufgehört habe. Die Motivation dazu kam von mir selbst, obwohl selbst meine àrztin meinte, warum ich es denn nicht weiternehmen wolle? Es riecht keiner, es weiss keiner und somit sei es ok!!



    Viel unglaublicher is doch wohl das verdammt unprofessionelle Verhalten dieser Ärztin und dieser ausgesprochen fragwürdigen Klinik!

    LG,
    Kassandra

  • Hoi an Alle welche auf meinen Artikel geschrieben haben!!

    Loveheat, den Vorwurf, dass ich mich nicht vorher über das Zeug, was ich einnahm gut informierte, habe ich mir schon tausendmal gemacht(und viele andere dazu)!!!!

    Aber...............leider kann auch ich die Zeit nicht zurückdrehen!

    Du selbst bist noch auf Benzo`s? Darf ich dich fragen, was und wieviel du einnimmst?

    LG

    Leon

  • Hallo Leon,

    nein, ich bin nicht mehr auf Benzos. Meine schlimmste Abhängigkeitsphase war 2004-2006, meine höchsten Dosierungen betrugen 50 mg Tavor täglich.

    Ich habe in der Präsensform geschrieben, da man ja ein Leben lang abhängig bleibt, aber akut bin ich gerade nicht.

    Viele Grüße.

  • Zitat

    da man ja ein Leben lang abhängig bleibt

    Wie meinst du das denn? Ich WAR von allerlei Dingen abhängig, bin ich aber glücklicherweise nicht mehr. Süchtig bleibe ich natürlich mein Leben lang, aber ganz sicher nicht abhängig. Oder wolltest du das damit sagen?

  • Wollt nur mal anmerken, dass ich diese Abstürze mit Benzos kenne. War zwei Jahre lang abhängig und habe immer wieder selber kalt entzogen, weil niemand von meiner Abhängigkeit wissen sollte. Dass ich dabei noch keinen epileptischen Anfall hatte, grenzt echt an ein Wunder!!!
    Momentan habe ich immer noch so meine Abstürze, in denen ich mich mit einem Röhrchen Tavor abschieße, aber ich bin Gott-sei-Dank nicht mehr abhängig. Denn ein Benzoentzug ist einer der schlimmsten und langwierigsten Entzüge, die man sich vorstellen kann (lasst euch das von jemandem sagen, der auch einen Opiatentzug hinter sich hat). Ein Opiatentzug ist nach vier Tagen gegessen - nach zwei Wochen ist man körperlich wieder einigermaßen fit, aber der Benzoentzug hat sich bei mir über ein ganzes Jahr hingezogen.
    Der Grund, warum ich trotzdem immer noch mal wieder zu Benzos greife, sind meine therapieresistenten Depressionen...
    It's just a goddamn vicious circle... :loudly_crying_face:

  • Nur mal so am Rande.....Abhängigkeit besteht ein Leben lang und hat nichts damit zu tun, wie lange man nichts konsumiert!!!!!

    Halte es für gefährlich nach Entzug und Therapie von "Unabhängigkeit" zu sprechen; denn das würde doch bedeuten, dass irgendwann ein moderater Konsum möglich ist!

    Bei wem bitte geht das schon????

    Gruß,
    Kassandra

  • @Leon: ja, ist letztendlich schwer zu verstehen...ich habe auch nur einmal stationär entzogen, ganz am Anfang, die anderen Male kalt zu Hause.
    Aber das ist ja ein wesentliches Zeichen von Sucht, dass man TROTZ dem Wissen, wie sehr es einem schadet, doch wieder zum Mittel greift.

    Bei mir hat Tavor irgendwann auch nur noch das Gegenteil ausgelöst, also statt aufhellender Wirkung hat es mich noch depressiver gemacht, ich habe auch unter Tavor einen Suizidversuch unternommen - und trotz all dem habe ich immer wieder meine Rückfälle. Sie erstrecken sich zwar "nur" noch über vier bis sechs Tage, aber trotzdem...ich glaube, wenn ein Entzug alle Süchtigen abschrecken würde/könnte, hätten sehr viele Menschen ein großes Problem weniger.

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